Reisebericht Polen mit dem Wohnmobil

Reisebericht Polen mit dem Wohnmobil

28. Juli 2021 2 Von Mikesch

Nachdem wir die vermaledeite Corona-Zeit ausgesessen, das Bimo mit neu eingedichteten Hekis sowie einer TTT reisefertig gemacht und unsere Impfungen durch hatten, zogen wir ab Mitte Juni ganz langsam Richtung Osten. Ziel war das Baltikum, das wir zwei Jahre zuvor schon mit unserem Lada mit Dachzelt erkundet hatten. Von daher fuhren wir nun nicht gezielt die üblichen Sehenswürdigkeiten an, sondern wollten dieses Mal die Landschaften und Städte abseits des Touristenrummels mehr erlaufen oder mit dem Rad erkunden, was mit vLadi so nicht möglich gewesen ist.
Die Strecke führte südlich der überlaufenen Ostsee durch Pommern und den Masuren.
Für Anregungen schaut euch doch auch die Berichte unter unter dem HashTag Polen an.

Straßenmaut in Polen

In Polen ist das mit der Maut ein wenig vertrackt. Einerseits kostet die Maut nicht viel, das sind nur Centbeträge, andererseits sind die Strafen heftig.
Blöde ist, dass man nicht unbedingt erkennt, ob eine Straße mautpflichtig ist oder nicht. Autobahnen, ok, aber es sind auch etliche Schnellstraßen mautpflichtig.
Für Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen (das gilt auch für Gespanne) ist eine Registrierung Pflicht, das vereinfacht den Kuddelmuddel, da automatisch erfasst wird.
Ab Juni 2021 wurde das eTOLL-Verfahren eingeführt, welches das bisherige viaTOLL-Verfahren mit Box (Ablauf 30.09.2021 im Übergang) abgelöst hat.
Am Einfachsten ist es, gleich hinter der Grenze eine Distributionsstelle anzufahren und sich hier anzumelden. Vorzulegen ist Ausweis und die Zulassung für die Zuordnung in die richtige Emissionsklasse. Man sollte sich vorher im jeweiligen Store die eTOLL-App herunter laden. Selbstverständlich kann man sich auch über die App selbst registrieren. Aufladen sollte man die App nicht mit mehr als 30,- Euro, insbesondere, wenn man nicht vor hat, Autobahn zu fahren. Zuviel gezahltes Geld wird zwar zurück gezahlt, das kann aber gut ein Jahr dauern.
Im Phone muss unbedingt die Hintergrundaktualisierung eingeschaltet sein! Die Abrechnung erfolgt über die Geo-Location des Handys.
Infos zu viaTOLL-Verfahren: Wie funktioniert es->

Wichtige Verkehrsregeln

  • Das LKW-Verbotsschild gilt in Polen wie bei uns für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen!
  • Für Wohnmobile über 3,5 Tonnen gelten folgende Höchstgeschwindigkeiten:
    Auf Autobahnen und vierspurigen Schnellstraßen: 80 km/h
    Auf Landstraßen: 70 km/h
  • Auch Tagsüber ist mit Abblendlicht zu fahren, Tagfahrlich nur bei guten Sichtverhältnissen.

18.07.2021 – Piaseczno – 140 km

Südlich von Stettin überquerten wir auf der A6 die Grenze um uns die Maut-Box zu besorgen. Die Distributionsstelle befindet sich im Restaurant neben der Tankstelle.
In Stettin nutzten wir die Möglichkeit, bei den Einkaufszentren unsere Wäsche zu waschen. Der Sonntag ist da optimal, da es Parkraum genug gibt und der Waschsalon leer ist. Deutschland ist da diesbezüglich echt Entwicklungsland. Der Waschsalon war vom Feinsten und günstig dazu.

Waschsalon

Anschließend führen wir durch Westpommern Richtung Osten. Nur kurz dachten wir über die Ostsee nach, aber nicht nur die Polen hatten Ferien und wahrscheinlich wird es um diese Zeit an der Küste rammelvoll sein.
Die Fahrt war völlig entspannt und erst einmal den Stettiner Raum verlassen, war kaum Verkehr auf den Straßen.
Die Landschaft nenne ich einfach mal nur toll. Sanfte Hügel, ursprünglicher Wald, Felder und wilde Wiesen sowie zig Seen.
Hier und da hielten wir an und erkundeten einige der vielen urig tollen meist im Wald gelegenen Picknick-Plätze. Hier wurde uns wieder einmal klar, warum wir vor zwei Jahren mit unserem vLadi mit Dachzelt unterwegs waren.
Für normale Wohnmobile unzugänglich und mit unserem Bimo nur, wenn man dicke Schrammen in Kauf nehmen würde. Abgesehen davon, dass solch ein dickes Bimo evtl. auch unangenehm auffallen könnte.

Autocamp Agroturystyka Piaseczno

Über GoogleMaps sind wir dann auf das Autocamp Agroturystyka Piaseczno gelandet. Schlicht ein Idyll am See Jezioro Piasecznik Wielki gelegen. Ein kleiner, günstiger und sehr einfacher Campingplatz. Für genau solche Plätze hatten wir auf die Trenntoilette umgebaut. Gut, eine Kassette könnte man noch entsorgen, die müsste man aber erst einmal einen Berg hoch schleppen 🙂
Nicht einmal das Grauwasser wird man hier los. Aber wie gesagt, ein Traumplatz in einer traumhaften Landschaft, die wir auch gleich mit einer Seeumrundung und am Folgetag mit einer anstrengenden Radtour auf unseren Rädchen erkundeten.

Radtour um den Drawsko – 40 km

Der Drawsko ist der größte See der pommerschen Seenplatte und eingebettet in einer wunderbaren Landschaft, die wir nun mit unseren Rädchen erkunden wollten.
Wir fuhren durchweg auf “Radwegen”, das sind in Polen eher Mountain-Bike Strecken und nichts für Klappräder. Dazu die Strecken mit Kopfsteinpflaster und die sandigen Wege wo wir auch mal schieben mussten. Nun gut, damit hatten wir ja gerechnet und genügend Zeit eingeplant. Als wir zurück kamen, waren wir platt, die Radtour war anstrengender gewesen als unsere 100 km Wesertour neulich. Mit der ursprünglichen und naturbelassenen Landschaft war die Radtour aber schlicht nur toll und die Mühe wert gewesen!

Hierzu noch ein kleines Video, ca. 2:30 min.

20.07.2021 – Małe Swornegacie – 115 km

Małe Swornegacie liegt am Rande des Nationalparks Bory Tucholskie. Der Nationalpark Bory Tucholskie existiert erst seit 1995, ist also relativ neu. Typisch für diesen Nationalpark sind große Sanderebenen, welche während der Eiszeit unter der Einwirkung der Schmelzwasser entstanden sind. Die Sanderflächen sind unterbrochen von zahlreichen Dünen, nacheiszeitlichen Rinnen und Tälern (Wikipedia). Dieses Landschaft ist einmalig in Polen, wenn nicht sogar in Europa.
Touristisch liegt er im Abseits, von daher ist es hier recht entspannt. Hier Urlauben meist die Polen selber. Die schnuckeligen kleinen Campingplätze sind eher für Wasserwanderer ausgelegt und entsprechend eng.
Niedergelassen hatten wir uns am See Jezioro Długie, einer der vielen malerischen Seen in dieser Gegend.

Der Nationalpark ist durchzogen von Wander- und sogar (Fern-)Radwege. Die Radwege sind wieder typisch polnisch, abenteuerlich halt.
Trotzdem rafften wir uns zu einer 20 km Radtour mit Umrundung des Jezioro Karsińskie auf unseren Rädchen auf. Dieses Mal wohlweislich mit weniger km 😉
3 1/2 Stunden brauchten wir für die 20 km, wovon wir ein paar km geschoben hatten. Die Leute mit den Mountain-Bikes schauten uns mit unseren Klapprädern schon seltsam an.
Diese Landschaft kann aber man halt nur erwandern oder qualvoll erfahren, Straßen führen hier nicht hindurch.

22.07.2021 – Kamienny Potokt Ostsee – 130 km

Eigentlich wollten wir die Region an der Ostsee auslassen, wir sind hier ja schon vor zwei Jahren durch, außerdem sind gerade Ferien mit entsprechendem Trubel.
Nun meldete sich aber ein alter Kumpel bei mir, mit dem ich vor 45 Jahren so einigen Unsinn angestellt und wir uns zuletzt vor 20 Jahren getroffen hatten. Auch ein Nomade, aber halt ohne Wohnmobil. Er war sein Leben lang in der ganzen Welt unterwegs und hat hier u.A. eine Wohnung die er jetzt mal wieder aufsuchte. Eine gute Gelegenheit, einen alten Freund wieder zu sehen und für uns, uns Danzig, Sopot und die Umgebung genauer anzuschauen.
Sicherlich könnte man auf einen der Strandnahen Parkplätze für relativ wenig Geld weniger legal nächtigen. Da wir aber den ganz Tag unterwegs waren, war uns da nicht ganz wohl bei. So nisteten wir uns auf dem Campingplatz Metropolis Sopot ein. In der ganzen Gegend immer noch der Günstigste, fast ansehnlich, relativ ruhig und wer die benötigt, top Sanitäranlagen.

Sopot

Zoppot oder heute Sopot ist ein altes Ostseebad mit entsprechendem Charakter. Die Promenade, Pier und die alten kunstvollen Häuser bestimmen das Stadtbild.
Die Promenade ist um die 10 km lang und führt bis nach Danzig. Überall Restaurants, Bars und sonstiger Rummel. Der Express Radweg ist zweispurig ca. 5m breit. Sogar eine Skaterbahn gibt es.
Der Grüngürtel, ein mehr als schöner Park mit tollen Wegen, Spielplätzen und Kunst zieht sich über Kilometer hin.
Man merkte, es ist Ferienzeit, das war vielleicht ein Leben und Getümmel (s. Video unten). Corona? Was ist das denn? Ach ja, ein Bier…
Echt, ich konnte mich kaum noch an solche Bilder erinnern. Bei diesem schönen warmen Wetter fühlten uns in dieser Atmosphäre und den Gerüchen wie im Urlaub.

Danzig

Gdansk

Da wir keine Lust hatten, unsere Fahrräder durch Danzigs Innenstadt zu schieben, fuhren wir für ein paar Zloty mit der Bahn nach Danzig. Da der Bahnhof zudem ganz in der Nähe des Campingplatzes liegt, war dies der einfachste Weg.
Die Peripherie ist nicht gerade einladend, aber kommt man in die Altstadt, offenbart sich eine Perle.
Der Bahnhof, die Marienkirche, die Fassaden der Giebelhäuser mit all den versteckten Kunstwerken, einfach nur mega.
Die Bausünden der Ladenketten und Banken wie bei uns, findet man hier nicht und wenn sich mal eine Kette niedergelassen hat, sind die Läden optisch eingefasst.
Betrachtet man Bilder Danzigs aus 45, wo alles in Schutt und Asche gelegen hat, muss man den Polen größten Respekt zollen, was sie hier wieder restauriert und neu aufgebaut haben ist schlicht vorbildlich und gigantisch!

Wir erlebten bei sommerlichem Wetter herrliche Urlaubstage. Bemerkenswert die vielen jungen Menschen die hier unterwegs waren. Man spürte einfach nur die Lebensfreude.
Nix Corona, nix Masken, sich einfach nur des Lebens erfreuen! Bilder, die wir schon vermisst und fast schon vergessen hatten.
Zum Abschluss noch ein kleines Video, ca. 6 min.

25.07.2021 – Orneta / Ecolandia – 140 km

Nach diesen schönen, aber auch sehr unruhigen Tagen brauchten wir wieder Ruhe und legten auf dem Weg zur Wolfsschanze bei Orneta auf dem kleinen märchenhaften Campingplatz Ecolandia einen Zwischenstopp ein.
Wer Ruhe sucht, der kann es hier im Nichts für wenig Geld bei dem netten Betreiber, der auch deutsch spricht, Tage aushalten. Es gibt picobello Toiletten und eine einfache urige Dusche, eine Entsorgung findet man dagegen vergebens. Strom und Wasser sind aber vorhanden.
Mehr als Faulen kann man hier leider nicht. Es gibt weder Wander- noch Radwege.

Hinweis:
Letztes Mal hatten wir einen Bogen nach Süden geschlagen, jetzt aber ausgelassen. Die Marienburg, das größte Backsteingebäude Europas ist zwar nett, aber ein Mal reicht. Der Elblag-Kanal, wo die Schiffe über die Berge gezogen werden, ist äußerst sehenswert! Auch der Übernachtungsplatz am Kanal ist großartig, aber die Mücken! Das wollten wir uns nicht noch einmal antun. Der Bericht hierzu: Elblag->

26.07.2021 – Camping Kikity – 100 km

Weit sind wir nicht gekommen und haben unser geplantes Ziel Wolfsschanze wieder nicht erreicht. So ist das Leben halt…
Wir entdeckten durch Zufall den tollen kleinen und schönen Campinglatz Kikity. Sehr hübsch und teilschattig am Lauternsee gelegen. Die Sanitäranlagen sind super und top sauber. Die Ver- und Entsorgung ist vom Feinsten, selbst in Deutschland gibt es eine solche Anlage nur selten zu sehen. Klar, dass der Preis gerade für polnische Verhältnisse relativ hoch ist.

Vom Campingplatz aus unternahmen wir noch eine kleine 7 km Wanderung um den Gmina Jeziorany, einem kleinen See. Leider kommt man nicht so wirklich an ihm heran. Egal, die hügelige Waldlandschaft mit den Sümpfen ist schon faszinierend. Es fehlten nur die Elche, die es hier ja auch geben soll.

27.07.2021 – Wolfsschanze/Führerhauptquartier – 50 km

Endlich hatten wir es bis zur Wolfsschanze geschafft… 😉
Beim letzten Mal sind wir hier noch vorbei gefahren, da wir damals gerade genug Geschichtliches erkundet hatten und wir fanden es mit Dachzelt auf einem Wohnmobil Rummel-Stellplatz auch nicht so prickelnd.
Bei der Wolfsschanze gibt es einen Stellplatz, nein, schiefen Parkplatz auf einer Wiese, den sie übertrieben Campingplatz nennen. Überteuert, aber die einzige Möglichkeit, um das geschichtsträchtige Führerhauptquartier, bzw. die Reste davon in Ruhe ohne Gäste zu besichtigen. Nach Toresschluss werden Teile beleuchtet und man ist ganz alleine.
Da ich keine Lust habe, das Rad noch einmal neu zu erfinden, verweise ich auf die Wikipedia.
Am Besten läuft man erst nach 19:00 Uhr hindurch, dann ist es menschenleer und hat das Gelände für sich alleine.

Nach 7.000 Tonnen Dynamit ist natürlich nicht viel übrig geblieben. So gesehen ist es schon toll, was die Betreiber mit den Infos und der Anlage aufgebaut haben.
Es ist eigentlich aber nur ein Besuch eines historischen Ortes, zu sehen gibt es eigentlich nichts mehr. Man ist mal hier gewesen und gut…
Macht euch ein Bild mit dem Video, ca. 3:20 min.

28.07.2021 – Dubeninki – 75 km

Unser Kurs führte auf der 651 durch die Rominter Heide, die eigentlich eher ein Forst ist. Durch das Herz führt eine kleine Piste durch das Nichts entlang der russischen Grenze. Nach „Bereisen“ mit GoogleMaps verzichteten wir allerdings darauf, so wirklich spannend erschien uns die Piste nicht.
Statt dessen suchten wir einen schönen Picknick-Platz an einem Badesee in der Nähe von Dubeninki auf, wo wir auch nächtigten. Von diesen “MOR”-Plätzen gibt es an der hier vorbeiführenden grünen Velo-Route eine ganze Menge.

Etwas nördlich verlief einst eine Bahnlinie zur Versorgung der Wolfsschanze. Hiervon zeugen noch etliche Viadukte wo man bestimmt auch sehr schön nächtigen könnte. Mosty w Stańczykach ist als Übernachtungsplatz gegen Gebühr sogar recht bekannt. Zu erreichen sind sie über enge humpelige Wege. Habt Verständnis dafür, dass ich nicht alle Koordinaten öffentlich mache.

Der nächste Tag führte uns dann auf kleiner Straße nach Litauen: Mit dem Wohnmobil durch Litauen->