Schweden II – die Mitte

Schweden II – die Mitte

25. Juni 2022 0 Von Mikesch

Bis zum Schluss hatten wir überlegt, welche Route wir einschlagen sollten. Entweder entlang der Ostsee oder des Inlandsvägens. In Anbetracht dessen, dass der meiste Verkehr, insbesondere auch der größte Touristenstrom entlang der Ostsee fährt, entschieden wir uns letztendlich für das Inland. Außerdem dachten wir, dass es mit der gewissen Wildheit und Einsamkeit eher unseren Geschmack treffen würde.
Entsprechend beinhaltet dieser Reisebericht die Route entlang des Inlandsvägen durch die wilde Bergwelt Schwedens mit seinen Nationalparks bis Höhe Östersund und des Kittelfjäll.

Vorheriger Reisebericht: Schweden I der Süden->

10.06.2022 – Brunnsberg – 58 km

Mässbacken am Rande des Siljan-Kraters war unsere letzte Station an einem traumhaft schönen Übernachtungsplatz. In Orsa füllten wir beim ICA noch einmal unsere Vorräte auf, denn die nächsten Tage dürften wir hierzu kaum eine Gelegenheit mehr haben.
Auf einer Winzstraße fuhren wir anschließend durch wunderbarer Landschaft unserem nächsten Ziel entgegen, dem Fulufjället Nationalpark. In der Nähe der Häuseransammlung Brunnsberg legten wir am Österdalälven einen Zwischenstopp auf einem wunderschönen Lägerplats ein. Das Übernachten am Fluss ist ansonsten strengstens verboten! Ausnahmen bilden hier alleine einige ausgewiesene Plätze (Lägerplats), wo man für 60 SKR (self check in) übernachten darf. Ausgestattet sind die Plätze mit Feuerstellen und Trockentoilette.

Brunnsberg

11.06.2022 – Särna – 67 km

Eigentlich wollten wir heute bis kurz vor dem Fulufjället Nationalpark fahren. Wie das allerdings oft so ist, die schöne Landschaft machte uns einen Strich durch die Rechnung. Wir fuhren von der 70 ab und zockelten mit 30 – 40 km/h über kleine Pisten. Vielleicht lässt sich doch ein Elch irgendwo entdecken?
Nö, aber wir entdeckten ein kleines Naturreservat wo wir eine kleine Wanderung durch das wunderschöne Moor unternahmen.
Dann entdeckten wir auf unserer Strecke in Nörnes durch Zufall einen Waschsalon, den wir gleich nutzten. In Bezug auf Waschsalons sollte man nämlich jede Gelegenheit nutzen!
Klar, dass wir danach keine Lust mehr verspürten, noch weit zu fahren. Abseits der kleinen Piste fanden wir dann einen netten Übernachtungsplatz.

12.06.2022 – Fulufjället Nationalpark – 96 km

In dem auf der Strecke liegenden Ort Särna legten wir für einen Einkauf einen Stopp ein. Ebenso war hier die erst einmal letzte Gelegenheit, supergünstig für 2,66€ Diesel zu tanken 😮
Wir nutzten die Gelegenheit auch für einen kleinen Spaziergang. Neben der neuen Kirche befindet sich nebenan eine wunderschöne kleine Holzkirche neben einem alten Hof.

Der Fulufjället Nationalpark befindet sich an der norwegischen Grenze und ist der größte Nationalpark. Typisch für den Park sind kahle Bergregionen, urwaldartige Täler und steile Felswände sowie üppige Matten der Rentierflechte. Außerdem liegt mit dem 93 Meter hohen Njupeskär Schwedens höchster Wasserfall im Nationalpark (s. Wikipedia).
In Anbetracht dessen, dass für den morgigen Tag Regen angesagt war, unternahmen wir schon heute die 9 km Wanderung um den Wasserfall und über das Fjell. Unten Märchenwald, oben eine mit Flechten bewachsene teils moorige Steinebene, schlicht eine faszinierende Landschaft. Die Kraxelei über die Felsen nimmt schon über 3 Stunden in Anspruch. Gut, dass es nicht mehr dunkel wird 🙂
Da das Übernachten im Nationalpark selbstverständlich verboten ist, hatten wir uns anschließend einen netten Übernachtungsplatz außerhalb am Fluss Fulan gesucht.

13.06.2022 – Hällsjön- 62 km

War das ein Tag, ein Tag, wie er gefeiert werden will. Wie sagte schon mein Arbeitskollege Gerd, der sich hier nieder gelassen hat? Fahrt ab von den Straßen und zockelt in Safarigeschwindigkeit über die kleinen Pisten. Nicht nur, dass man keine Fahrzeuge oder Menschen begegnet, nur so kann man die märchenhafte Landschaft am Besten genießen und mit Glück läuft einem ein Elch oder Rentier über den Weg.
So auch bei uns, wir entdeckten eine Elchkuh mit Kalb und ein unscheues Rentier unmittelbar am Straßenrand. Leider hatte ich bei der Elchkuh die Knipse nicht schnell genug bei der Hand.
Der Stellplatz am Hällsjön war einfach nur ein Traum. Gut, dass wir in Idre noch eingekauft hatten, u.A. auch kostbares 5,2% Bier, denn wir hatten diese Nacht diesen Platz ausgiebig mit Lagerfeuer gefeiert.
Kaum war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden, tauchte der Vollmond über dem See auf. Es entstand ein schlicht märchenhaftes Licht, es war einfach nur der Wahnsinn. Ich glaube, um 3:00 Uhr bewegten wir uns in die Koje. Am nächsten Morgen war mein Kopf schon ein wenig dick und es war ein Ruhetag angesagt 😉

Ein kleiner 8 Sekunden Clip:

15.06.2022 – Rogen Naturreservat/Karingsjön – 94 km

Da wir wieder etwas laufen wollten, sind wir ein Stück weiter gefahren. Eine gemütliche Tagestour mit Zwischenstopp an einem Traumplatz, wo wir noch kurz überlegten, stehen zu bleiben. Aber was macht man dann so Mittags? Etwas unternehmen konnte man dort nicht wirklich.
Also sind wir noch 40 km weiter zum Rogen Naturreservat gefahren. Das Naturreservat befindet sich mit rund 800 m Höhe auf einem Fjäll, also einem Hochplateau. Charakteristisch sind die mit grünem Moos bewachsenen Murmelsteine, knorrig urige Kiefern, Moorlandschaften sowie die kleinen und großen Seen.
Von der 311 ab führt eine schmale Schotterpiste ca. 20 km zum Endpunkt Karingsjön. Die letzten 7 km humpelt man auf einem mautpflichtigen (40 SEK) Privatweg dahin. Da man hier auch für 100 SEK/Tag auch mehrere Tage parken kann, vermuteten wir, dass wir hier auch Nächtigen können.
Schwedisch kühl freundlich aber bestimmt machte man uns mehrfach klar: Private, no camping, no overnight!
Die private Anlage ist eigentlich Basis für Paddel und Wandertouren, auch kann man hier eine Hütte mieten.
Letztlich konnten wir doch schlafend im Bimo parken, aber nur, weil noch nichts los war. Aber in Anbetracht dessen, dass wir gefühlt trotz Willkommensschild am Eingang nicht wirklich willkommen waren, blieben wir nur eine Nacht.
Nach einem frühen Abendessen unternahmen wir eine 10 km Wanderung durch diese grandiose Landschaft die eigentlich für den nächsten Tag geplant war. Schön, dass es jetzt 24 Stunden hell ist, da interessiert dann keine Uhrzeit.

16.06.2022 – Flatruetvägen – 90 km

Der Flatruetvägen ist mit fast 1.000 m Höhe die höchste öffentliche Passstraße Schwedens. Sie führt, wie der der Name schon sagt, über die Ebene des Mittelgebirges Flatruet und ist halt recht hügelig flach.
Von Funasdalen oder auch Hede aus führen jeweils gut zu befahrende Pisten hoch zum Pass. Ich vermute mal, dass die kleinere grob geschotterte Piste von Hede aus interessanter ist. Die lag leider nicht auf unserer Route.
Nach Norwegen hin ist die karge Hochland-Landschaft Wildnis pur. Der Blick in alle Richtungen mit den teils schneebedeckten Bergen in der Ferne hat schon was. Mannigfaltiges Getier an Vögeln und Rentieren sollen sich hier aufhalten. Nun, als die uns gesehen hatten, sind sie offensichtlich verschwunden. Auf dem Parkplatz der Passhöhe mag man auch die Nacht verbringen. Bei uns standen heute 9 Wohnmobile und ich möchte nicht wissen, was hier in der Hochsaison los ist. Gott sei Dank konnte ich das Bimo mit Abstand so platzieren, dass wir die Anderen nicht sehen konnten.
Vom Parkplatz aus führen ebenso etliche Wanderwege in die Wildnis und man könnte hier Tage unterwegs sein. Wir wollten aber lediglich eine kleine “Nachtwanderung“ auf dem nahen Berg, äh Hügel Miesehketjahke unternehmen. Ganz geschafft hatten wir die Strecke leider nicht, da meine Turnschuhe nicht das richtige Schuhwerk waren. Konnte ich denn ahnen, dass der steinige Weg im Moor endet?

17.06.2022 – Irgendwo im Nirgendwo – 110 km

Der heutige Tag stand sozusagen im Zeichen einer Safari. Wir zockelten zumeist auf kleinen staubigen Pisten in doppelter Schrittgeschwindigkeit über die Hochebene oder durch den Wald. Vorbei an Seen und Sami-Gehöften.
Wir wurden auch mit Elch- und Rentiersichtungen belohnt. Wichtig ist: Nicht den Motor abstellen! Mit Motor sehen die Tiere keine Gefahr in uns, wenn wir jedoch leise sind und sie uns wittern, sind sie weg.
Ca. 33 km Luftlinien südwestlich von Östersund hatten wir auf der kleinen Pist Z834 unseren Schlafplatz gefunden.

18.06.2022 – Östersund – 78 km

In Östersund suchten wir einen Lidl auf, der ist halt deutlich günstiger als die anderen Supermärkte. Insbesondere bei Gemüse und Milchprodukte bemerkt man den Unterschied. Vor allem bekommt man hier H-Milch, die ansonsten in Schweden kaum bis gar nicht aufzutreiben ist. Zwar soll die frische Milch gekühlt auch zwei Wochen haltbar sein, aber wir hatten da kein Glück mit. Zweit Tage alte Milch aus unterschiedlichen Supermärkten hielt im Kühlschrank keinen Tag! Wie ist das möglich? Wetterumschwung, oder waren es die Pisten? Keine Ahnung, ärgerlich, denn wirklich günstig ist Milch in Schweden nicht gerade.
Ebenso hatten wir noch einmal für 2,68€ günstig getankt, bei den meisten anderen Tankstellen lag der Dieselpreis bei 2,72€. Da wirkt die Milch glatt wieder günstig 😉
Niedergelassen hatten wir uns beim sehenswerten nördlich gelegenen Naturreservat Tysjöarna. Ein ca. 7 km langer Wanderweg führt zumeist über Bohlen um die Seen und durch das Sumpfgebiet. Die Wanderung durch die ursprüngliche Landschaft konnten wir uns natürlich nicht nehmen lassen, auch wenn ein paar Regentropfen versuchten, uns zu ärgern.

19.06.2022 – Föllinge – 63 km

Der Inlandsvägen (E45) an sich ist eher langweilig, es herrscht relativ viel Verkehr und die Wohnmobilkarawanen ziehen hier entlang. Vor 30 Jahren war der Inlandsvägen noch eine spannende Piste und es begegneten einem alle Stunde vielleicht mal 3 Autos. Deshalb fuhren wir östlich ab ins Inland, quasi fast parallel zum Inlandsvägen.
Am Ockern bei Föllinge, einem Stausee nördlich, fanden wir einen hübschen Übernachtungsplatz. Hier dachten wir dann über die weitere Route nach und saßen, äh schliefen wir den heutigen Regentag aus.
Unweit befindet sich auch ein kleiner, kaum erwähnter nett angelegter Orchideenpfad wo man etliche wilde Orchideen bewundern kann. Bei uns wuchs nur der Frauenschuh, die Anderen wollten wohl erst noch heraus kommen.
Wie das Leben, äh Wetter so spielt, bereitete es uns um Mitternacht doch noch ein Geschenk.

Welche Route nach Norwegen?

Ab Östersund gibt es nicht mehr sehr viele sinnvolle Möglichkeiten für Abstecher in die Wildnis wenn das Ziel Norwegen ist. Den Kreis des Vildmarksvägen mit rund 370 km muss man auch nicht unbedingt fahren. Der scheint auch nur im Abschnitt des Hochlandes und der Wasserfälle wegen wirklich lohnenswert zu sein. Ansonsten ist die Straße eher langweilig und voller Wohnmobile. Da dies ein Schutzgebiet ist, ist auch nur an einem Punkt auf dem Fjäll das Parken erleubt. Dazu kommt, dass die Einheimischen mittlerweile gegen die Wohnmobilschwemme vorzugehen scheinen. Berichten zufolge entsteht langsam ein richtiger Hass auf Wohnmobile bzw. Touristen. Große Steine werden in Wege gelegt und Verbote werden immer mehr, bzw. durchgesetzt. Bedingt durch das Fehlverhalten der Touristen mit den Rentieren werden oft Kälber von den Müttern getrennt, da sie nicht mehr angenommen werden und finanzielle Schäden entstehen.

Von Östersund aus nach Norwegen gibt es 5 Verbindungen nach Norwegen. Über die E14, eine große Verkehrsader von Östersund nach Trondheim. Zwei schlängelige teils Pisten durch relativer Wildnis. Die oft volle E12 von Storuman und hoch im Norden die E10 von Kiruna aus. Ziele sind von hier das Nordkap und die Lofoten.

20.06.2022 – Strömsund – 84 km

In Strömsund deckten wir uns noch einmal mit Lebensmittel ein und machten unseren Tank voll. Wir mussten zwar nicht tanken, aber für die nächsten Tage habe ich lieber einen vollen Tank.
Von Strömsund aus beginnt der Vildmarksvägen, klingt abenteuerlich, ist aber eine breite Straße die wir für unsere Route ein Stück fahren mussten. Nicht weit von Strömsund fanden wir unseren traumhaften Übernachtungsplatz am See.

23.06.2022 – Dikanäs/Kittelfjäll – 220 km

Selbstverständlich hatten wir nicht vor, den Vildmarksvägen weiter zu fahren, die Gründe habe ich ja bereits erwähnt. Statt dessen bogen wir nach ca. 30 km recht langweiligem Vildmarksvägen auf eine kleine schmale kurvige Piste ab. Die Piste führt abseits der Touriroute diagonal durch die Wildnis der unteren Vildmark. Übrigens, auf diesen 30 km Vildmarksvägen bis zum Abzweig kamen uns in der halben Stunde gut 30 Wohnmobile entgegen. Wieviele Wohnmobile mögen sich da noch auf der ganzen Strecke befinden?
Auf den 220 km vom Abzweig des Vildmarksvägen bis hier nach Kittelfjäll durchfuhren wir 2 kleine Dörfer mit je einer kleinen Tankstelle und Krämerladen. Auf dieser Strecke begegneten uns vielleicht 10 Autos. Das kleine 15 km Stück nördlicher Vildmarksvägen mit den 20 Wohnmobilen den wir auch wieder bis zum nächsten Abzweig auf eine kleine Straße fahren mussten, klammer ich hier einmal aus 😉
Bemerkenswert, wieviele absolut ruhige Übernachtungsplätze man auf dieser Strecke finden kann. Teilweise wunderschön, sogar mit Feuerstellen sowie Brennholz ausgestattet und an Seen oder Flüsse gelegen.

Wir zockelten die Route mit Übernachtungsstopps zwar im langsamen Safari-Modus ab, leider konnten wir jedoch kein Wild entdecken. Als wirklich schade empfanden wir, dass es in dem riesigen Gebiet kaum Wanderwege oder Routen gibt, um die Landschaft wirklich entdecken zu können.

Hinter Dikanäs in der Nähe des Skiortes Kittelfjäll war dann unsere unsere letzte Station in Schweden. Vom hier entdeckten grandiosen und mit viel Liebe hergerichteten Übernachtungsplatz führt auch ein Wanderweg am Fluss entlang. Klar, dass wir deshalb noch eine Nacht länger geblieben sind und eine Wanderung auf den kunstvollen Soga– und Vojmåstigen unternommen hatten.

Der nächste Reisebericht (in Vorbereitung): Norwegen Nordland->
Wen es interessiert, hier noch ein kleines Schweden Video über diese Etappe, ca. 6:16 min.