Reisebericht Polen 2022

Reisebericht Polen 2022

4. September 2022 1 Von Mikesch

Mit dem letzten Reisebericht Baltikum 2022 schlossen wir unsere Sommerreise ab. Unterwegs entschlossen wir uns, diesen Winter 2022/23 in Griechenland zu verbringen.
Praktischerweise bewegt man sich dann durch die östlichen Landesteile Polens und mehr oder weniger entlang der Grenze zu Weißrussland. Diese Teile Polens waren uns auch bisher gänzlich unbekannt.
Gleich hinter der Grenze folgte dann zunächst einmal das erste tolle Erlebnis: Volltanken zu 1,63€/Liter und Einkaufen zu Preisen wie in Deutschland 2021 🙂
Zu empfehlen ist hier die Kette Bidronka, noch günstiger als Lidl, aber mit sehr guter Qualität in Punkto Frischware und anderer Produkte.

Maut in Polen

Vor der Einreise nach Polen wurde zunächst wieder einmal das Gehampel mit der leidlichen Maut gesetzt.
Für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen ist die elektronische Erfassung obligatorisch. Das System über viaToll mit Transponder wurde zum 1.9.2021 abgeschafft. An dessen Stelle ist nun das e-TOLL System getreten. Auch hier kann man wieder einen Transponder bestellen, ist aber für Reisende wegen dem Prozedere eher unpraktisch. Für Reisende besteht nun die Möglichkeit, die Strecken über dem Smart-Phone mittels GPS zu erfassen. Auch dies ist nicht gerade einfach zu händeln. Die Einrichtung der e-TOLL App, die in den Stores kostenlos erhältlich ist, ist recht einfach. Das Prozedere auf der Website mit der Anmeldung ist allerdings nicht wirklich toll und eigentlich katastrophal. Nun, ich habe es ja auch geschafft, alle Infos findet ihr auf der schwer verständlichen etoll.gov.pl Seite.
Nach Installation der App erhaltet ihr eine Business-ID und werdet auf die Website weiter geleitet. Dort gebt ihr eure persönlichen Daten, eine Zahlungsmethode, das sollte eine Kreditkarte sein und das Fahrzeug ein. Anschließend müssen Business ID und Fahrzeug miteinander verknüpft werden.
Weil die Website so verkorkst ist, ist das nicht so einfach. An großen Grenzübergängen wie z.B. bei Stettin gibt es eine Kundendienststelle, die die Konfiguration der App vornimmt.
Blöde ist, dass das Phone während der Fahrt unbrauchbar ist, da die App vor jeder Fahrt gestartet und immer im Vordergrund arbeiten muss. Also keine Navigation, keine Musik, keine Anrufe, einfach nichts! Selbst dann nicht, wenn man keine Mautpflichtigen Straßen fährt. Das Blöde ist ja, dass man nicht immer erkennen kann, ob eine Straße mautpflichtig ist oder nicht und die App immer laufen muss.
So als Anhalt: Auf Autobahnen, bzw. an den Auffahrten wird mit einem blauen Schild “Platna“ hingewiesen. Hier müssen alles Fahrzeuge Maut zahlen.
Auf vielen Schnell- und großen Landstraßen findet man ein kleines orangefarbenes Schild mit einer Karte und einem Zeichen wie beim Wlan. Hier müssen sämtliche Fahrzeuge >3,5 T, Busse und PKW mit Anhänger Maut entrichten. Dies kann nur per Transponder oder App erfolgen.
In der App wird in Echtzeit die berechnete Maut angezeigt, leider aber nicht die Mautstrecke.

27.08.2022 – Jezioro Paniewo – 80 km

Seit bestimmt fast zwei Wochen hatten wir nun schon nur Sommerwetter mit Temperaturen um die 30 Grad. Deshalb hangelten wir uns im Baltikum von Badesee zu Badesee. Bei diesen Temperaturen war deshalb unser erstes Ziel in Polen der Badesee Jezioro Paniewo wo wir auch sogleich das letzte Ferienwochenende verbrachten. Ebenso schön ist, dass man von hier aus in der beginnenden Abendfrische nette kleine Wanderungen durch den Wald und entlang des Kanals mit den Schleusen unternehmen kann.

Logisch, dass auf der großen Wiese bei diesem Wetter mächtig Trubel herrschte. Allerdings empfanden wir das Leben als eher angenehm, wir fühlten uns wie im Urlaub. Mit Polen stieg auch wieder die Anzahl der unmuffeligen und freundlichen Menschen. Mit unseren Nachbarn verbrachten wir einen netten Abend am Lagerfeuer. Der Plausch in Penglish war teils schon spannend amüsant 😉
Am nächsten Tag liehen sie uns ihr Kanu aus, womit wir eine nette Tour über den See unternehmen konnten. Ulrikes Dankeschön in Form von Cookies kam sogleich in Form von polnischen Cookies und Obst doppelt wieder zurück.

29.08.2022 – Kopna Góra – 92 km

Auf der Suche nach unserem heutigen Ziel studierte ich PocketEarth und stieß auf Grund der Geographie und der angegebenen Punkte auf diesen ungewöhnlichen Ort. Der Versuch, an Informationen zu diesem Ort zu kommen gestaltete sich schwierig. Kein Eintrag bei Wikipedia und auch auf Reiseseiten fand ich kaum Infos. Das machte mich natürlich neugierig. Informationen erhält man auf Tafeln vor Ort und ich habe auch eine polnische Seite mit Informationen gefunden. Hier vereinen sich gleich mehrere Sehenswürdigkeiten.

Arboretum

Bei dem Arboretum Kopna Góra handelt es sich um ein parkähnliches Landschaftsschutzgebiet, ähnlich einem ungepflegten botanischen Garten für Bäume.
Klingt eigenwillig, allerdings weiß ich nicht, wie ich es anders nennen soll. Innen befindet sich ein Picknickplatz und ein Teich mit Seerosen. Auch ein Fischotter tummelte sich in dem Teich, leider kam ich nicht schnell genug an meine Kamera.
Oberhalb befindet sich ein Parkplatz mit einer riesigen Wiese mit kunstvollen Überdachungen und Bänken. Davor ein kleiner Parkplatz, der bei uns leer war und wir entspannt Nächtigen konnten.

Pomnik powstańców listopadowych 1830

Angegliedert befindet sich das Denkmal für den Novemberaufstand von 1830 mit einem kleinen Soldatenfriedhof. Dies ist für Polen ein bedeutsamer Ort, der an die damaligen Aufstände gegen die Russen erinnert. Die Russen hatten hier 55 Aufständige ausgezogen, im Fluss ertränkt und in ein Loch gestapelt. Erst um 2010 wurden die Leichen beim Straßenbau entdeckt und fanden auf dem kleinen Friedhof eine würdige Bestattung, wobei jedem Gefallenen 1 m2 polnische Erde zugestanden wurde, wofür er sein Blut vergossen hatte.
Im Ort Kopna Góra sucht man noch nach weiteren ca. 100 Toten, die irgendwo verscharrt sein müssen.
Die ganze damals umkämpfte Umgebung ist noch voll mit Gräbern und anderen Relikten.

Wisente

Hier befindet sich mit das größte Gebiet an Wisente in Polen. Teils noch frei lebend und Teils in Gehegen. Zur Zeit wird am o.g. Parkplatz ein großes Gehege mit großem Aussichtsturm gebaut. Die Umzäunung erinnert mit den doppelten riesigen Gattern ein wenig an Jurassic Park. Wird später mal bestimmt interessant sein, leider bekamen wir deshalb im Moment kein Wisent zu Gesicht.

30.08.2022 – Białowieża-Nationalpark – 62 km

Der Białowieża-Nationalpark umfasst in Polen rund 105 km2 und auf weißrussischer Seite rund 1.771 km2. Der Białowieża-Urwald ersteckt sich über eine Gesamtfläche von ca. 1.500 km2. 47,16 km2 stehen unter besonderem Schutz und darf von Touristen nur mit Führern betreten werden.
Der artenreiche Wald mit den imposantesten Eichen ist auch eines der letzten Rückzugsgebiete des Wisents.
Bis Juli 2022 gehörte die gesamte Region um Białowieża auf Grund der Flüchtlingssituation noch zu einem Sperrgebiet. Ich habe mich auf unserem Nachtparkplatz schon lange nicht mehr so sicher gefühlt, Videoüberwacht und jede Stunde kam mindestens ein mal die Straż Graniczną, die polnische Grenzpolizei vorbei 🙂

Białowieża Fahrrad Rundtour – 35 km

Vom Parkplatz nahe Narewka aus unternahmen wir eine Radtour durch den nördlichen Teil des Białowieża-Nationalparks. Es war schon mühselig, die Punkte zusammenzusuchen und auf PocketEarth einzutragen um dann eine Route zu erstellen. Die Route, bzw. Radweg darf man kaum verlassen, weil man sonst in die gesperrten Gebiete gerät.
Die Route führte vorbei an geschnitzten heiligen und auch riesigen Eichen sowie entlang der belarussischen Grenze. Bedingt durch die politische Situation und den Zuständen vor einigen Monaten, führt entlang der polnischen Grenze wieder ein buchstäblich eiserner Vorhang. Leider kommen die Wisente auch nicht mehr über die Grenze. Hinweis: Wer hier eine Wanderung unternimmt oder mit dem Rad unterwegs ist, unbedingt das Handy in den Flugmodus schalten! Ein nur kurzes Einloggen in das belarussische Netz kostet u.U. nicht wenig Geld!
Ein Teil des Weges führte an einem alten Friedhof vorbei und entlang der Schienen der alten Kleinbahn, die damals im I. Weltkrieg dem Holztransport diente. Eine Beobachtungsstation für Wisente blieb leider allerdings ohne ein sichtbares Wisent. Mit unseren Klapprädern war die Radtour nicht gerade einfach, aber doch sehr interessant.

Hier eine GoogleMaps-Übersichtskarte der Radtour, zum Betrachten müssen Drittanbieter-Cookies aktiviert sein. Es werden Daten an Google übermittelt, lest hierzu die Google Datenschutzbestimmungen.
Download der GPX-Daten für euer Navi als ZIP-Datei (muss entpackt werden) oder als GPX-Datei.

Der südliche Białowieża Nationalpark

Selbstverständlich wollten wir uns auch den südlichen Teil des Nationalparkes anschauen. Białowieża ist ein reiner Touriort mit all seinen Erscheinungen wie Andenkenstände wo billiger Kram oder auch Wildschweinfelle verkauft wurden. Das anwesende Militär lärmte mit seinen überlauten Generatoren den Ort zu, nicht schön. Der auf der Karte vielversprechende Palace Park in Białowieża war für uns eher enttäuschend. Ein Besuch des Ortes lohnt sich in unseren Augen eigentlich nicht. Wir sind dann ein Stück weiter zum Szlak Dębów Królewskich gefahren, wo man entlang eines Bohlenweges einige eindrucksvolle Eichen bewundern kann. Ein Abstecher führt ebenso zum kleinen Fluss Łutownia mit seinem Feuchtgebiet. Von diesem und einem benachbarten Parkplatz aus führen Radwege durch den Urwald. Radtouren oder geführte Wanderungen von hier aus zu unternehmen sind eigentlich der einzige Grund, wofür sich der südliche Teil des Nationalparks anzufahren lohnt.
Zwar gibt es im Nationalpark eine Stelle, wo man auch übernachten könnte, allerdings erschien uns der südlich gelegene Badesee Zalew Bachmaty mit der offenen Landschaft und einem Platz am See deutlich schöner.

01.09.2022 – Mielnik – 60 km

Weiter führte uns die Reise Richtung Süden. Was machen hier die Menschen eigentlich? Essen sie beim Autofahren Obst und spucken die Kerne aus dem Fenster, dass daraus neue Bäume entstehen? Die Straßenränder sind voll von Obstbäumen wie Äpfel, Pflaumen, Mirabellen und deren wilde Arten. Tonnen über Tonnen Obst sind das und wir finden es schrecklich, dass das meiste Obst einfach abfällt und vergammelt. Wie bescheuert sind die Menschen eigentlich, im Supermarkt für die gleiche Ware Geld dafür auszugeben?
Wir hatten heute zumindest gut 2 Kilo wilde Mirabellen oder waren es Pflaumen gepflückt und daraus eine köstlichste Marmelade gekocht.

Grabarka, Berg der Kreuze

Durch Zufall entdeckte Ulrike den Ort Grabarka, der auf unserer Route lag. Nur auf GoogleMaps ließ sich eine Sehenswürdigkeit erkennen. Ansonsten kein Eintrag bei Wikipedia, nichts. Ulrikes Recherche ergab, dass es sich um einen belarussischen orthodoxen Wallfahrtsort handelt und jeder, der ihn besucht, ein Kreuz auf dem Berg hinterlässt. So entstand hier in Polen so eine Art Berg der Kreuze, ähnlich wie jenem in Litauen, allerdings nach unserem Geschmack deutlich schöner.
Sehr schön von innen auch die Wallfahrtskirche, leider herrscht in der prunkvollen kleinen Kirche ein Fotografierverbot.

Vor dem Eingang befindet sich eine Quelle mit köstlichem geheiligtem Wasser. Der Geschichte nach erkranktem vor Jahrhunderten die Menschen in der Region an Cholera, nur wer von dem Wasser dieser Quelle genossen hatte, blieb verschont. Seit dem wird die Quelle jährlich gesegnet.
Da gutes Wasser im Osten eh ein seltenes Gut ist, hatten wir unseren Tank aufgefüllt und jedes verfügbare Gefäß mit diesem kostbaren Nass gefüllt.

Mielnik

Mielnik ist ein eher unscheinbarer an dem Fluss Bug gelegener Ort. Ausgesucht hatten wir uns den Ort eigentlich nur, weil es entlang des Flusses überall über Kilometer hinweg die wunderbarsten, wie aus einer Werbung entsprungenen Übernachtungsplätze gibt.
Da wir den Ort erkunden wollten, hatten wir uns an einem Freizeit- und Badegelände in Ortsnähe nieder gelassen.

Wir erwanderten um die 7 km die Sehenswürdigkeiten des kleinen Ortes. Der Weg entlang des Flusses, eine alte Kirchruine, eine Kalkabbaugrube, so muss Hemmoor einmal ausgesehen haben und die Fähre über den Bug.

Die Fähre hatten wir uns auch deshalb angesehen, weil sie eine Tragkraft von 6 Tonnen haben soll. Sollte sie unser Bimo nicht tragen können, müssten wir rund 20 km zur nächsten Brücke fahren müssen.
Bei der ersten Inaugenscheinnahme passt das Bimo von der Breite her so gerade drauf. Aber es kam eh alles anders…

02.09.2022 – Kazimierz Dolny – 188 km

Das Vorhaben, mit der kleinen abenteuerlichen Fähre über den Bug überzusetzen, war leider nicht aufgegangen.
Der Fährmann meinte, unser kurzes Bimo sei zu lang, was natürlich Blödsinn ist. Der war so in einem Gespräch vertieft, der hatte schlicht keine Lust. Es hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, das Bimo überhaupt im Ansatz abzumessen.
Nun gut, nun mussten wir wohl oder übel zur nächsten Brücke fahren. Dadurch änderten wir auch unseren Plan, den Polesie Nationalspark anzufahren. Da das Ziel ja Krakow ist, hätte das mit dem Umweg keinen Sinn ergeben.
So hatten wir uns den Ort Kazimierz Dolny an der Weichsel ausgesucht. Uns war schon klar, dass dies ein beliebter Ort bei den Polen ist, aber hier war so richtig Leben. Volle Restaurants, Galerien, durch die Fußgängerzone wandelnde Menschen und die Gerüche der Restaurants durchzogen die Gassen. Das Leben hatte insbesondere bei dem schönen Wetter etwas von Urlaub. Der Ort mit seiner Altstadt ist auch wirklich hübsch. Der Baustil ist hier auch ganz anders als der, den wir bisher so gesehen haben.
Wir hatten uns denn auf dem Altstadtnahen Campingplatz nieder gelassen. Hier standen wir mit toller Aussicht am Ufer der Weichsel und erfreuten uns an einer so richtig tollen Platsch-Dusche.
Wir gönnten uns hier dann spontan mal 2 Tage Urlaub.
Die Zufahrt zum Campingplatz ist schon speziell. Wer kommt schon auf die Idee, dass die enge, wie eine Fußgängerzone erscheinende Straße die Zufahrt ist? Ich bin natürlich prompt falsch gefahren und versuchte es über einen gesperrten Feldweg. Die Bäume hatten sich jedoch schlicht gewehrt und wollten das Bimo nicht durch lassen. Wieder einmal musste sich der Astabweiser bewähren 😉
Wahrscheinlich wegen der Zufahrt und dass keine Hunde erlaubt sind, ist der Campingplatz angenehm gefüllt, also fast leer und sehr ruhig.

Kazimierz Dolny – Miećmierz – Radtour

Eigentlich wollten wir eine Radtour entlang der Weichsel unternehmen. Allerdings scheinen wir kein Glück mit den Fähren zu haben. Auf der Fähre stand ein Bagger und baggerte die Fahrrinne frei. Das Wasser war dort gerade einmal ca. 40cm tief. Kein Hinweis nichts ob die Fähre überhaupt wieder mal fahren würde und an den Anlegern warteten die Leute mit ihren Fahrrädern oder saßen in ihren Autos. Nach einer halben Stunde hatten wir dann umdisponiert. Gut, dass wir zuerst über die Fähre wollten. Wären wir zunächst anders herum gefahren und hätten dann nach 30 km vor einer nicht fahrenden Fähre gestanden, ich wäre wohl ausgerastet.
Unsere nur 10 km lange Radtour wurde dann zu einer Radwanderung, also eine Hälfte über Kopfsteinpflaster hoppeln oder durch den Sand pflügen, die andere Hälfte durch den Sand schieben. Die polnischen Radwege können schon besonders sein, aber das kennen wir ja bereits.
Die Tour war aber mit der Weichsel, dem kleinen urigen Ort Miećmierz und dem spannenden Hohl-Waldweg trotzdem sehr schön.
Bemerkenswert, was hier heute am Samstag an Menschen unterwegs war, die Orte müssen schon etwas Besonderes sein. Gut, dass die ausländischen Touristen die Orte noch nicht entdeckt haben. Nach diesem “anstrengenden“ Tag gönnten wir uns in dieser Atmosphäre einen Restaurantbesuch. Das muss im Urlaub schließlich auch mal sein…

04.09.2022 – Sandomierz – Koprzywnica – 110 km

Ebenfalls an der Weichsel liegt Sandomierz. Auf die Stadt sind wir, also besser Ulrike, durch Zufall gekommen und kurz danach erhielten wir von einer Polin den Tipp, uns die Stadt unbedingt anzusehen.
Die Altstadt von Sandomierz ist eine der besterhaltenen in Polen. Ihre städtebauliche Struktur mit dem großen Stary Rynek (Altmarkt) ist typisch für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts (Quelle: Wikipedia).
Sandomierz ist ebenso das Zentrum geschliffener zweifarbiger Feuersteine die es überall in Form von Schmuck zu kaufen gibt. Diese seltenen Feuersteine kommen ausschließlich im Zentrum Polens vor und wurden erst vor 40 Jahren entdeckt. Der Sonntag war eigentlich nicht so die beste Idee für einen Besuch, denn es war schlicht die Hölle los. Allerdings hatte das so mit all den Ständen und dem Rummel auch etwas Besonderes.
Unseren Übernachtungsplatz fanden wir 20 km südwestlich in Koprzywnica am Badeplatz des Sees Zalew w Koprzywnicy.

05.09.2022 – Kraków – 150 km

Von mehreren Seiten hatten wir den Tipp bekommen, uns einmal Kraków anzuschauen und Ulrike wollte hier schon immer einmal hin.
Kraków (Krakau) ist schon eine besondere Perle. Da nach dem Tatarensturm im 13. Jahrhundert keine wesentlichen Zerstörungen mehr erfolgten und sich die Industrialisierung eher außerhalb abspielte, ist Krakau reich an Beispielen aller Epochen ab dem Hochmittelalter (Romanik und Gotik), vor allem Renaissance, aber auch Barock, Jugendstil und Neugotik sind zu finden (Collegium Novum). Bausünden wurden vergleichsweise wenige begangen (Quelle: Wikipedia).
Hier versuchte ich auch, neue Reifen zu organisieren (siehe weiter unten) die dann aus Deutschland zu einer Reifenwerkstatt in Krakau verschickt werden sollten. Deshalb erkundeten wir in der kommenden Woche auch die Sehenswürdigkeiten in der Umgebung Krakaus, die uns sonst bestimmt entgangen wären.

Promenadenspaziergang

Nach der langen Fahrt und dem Verkehrschaos unternahmen wir Abends noch einen Spaziergang über die Promenade entlang der Weichsel.
Das Leben in dieser Sommernacht mit den Radfahrern, Joggern, anderen Spaziergängern oder all den Leuten, die auf den Bänken, Mauern und im Gras saßen ließ einen richtig entspannt herunter kommen.
Die Ausflugs- und Restaurantboote ließen wieder Urlaubsatmosphäre aufkommen.

Stadtbummel Krakau

Am nächsten Tag sind wir mit unseren Rädern in die Innenstadt hinein gefahren und bummelten rund 13 km kreuz und quer durch die wunderbare Altstadt mit einem Abstecher in den Stadtteil Kazimierz.
Das ehemalige jüdische Zentrum Kazimierz mit seinen vielen Synagogen wurde saniert und mit seinen Geschäften und Restaurants wurde es ein Anziehungspunkt für Touristen. Auch der Film “Schindlers Liste” wurde hier gedreht.
Es ist in der Tat spürbar, das die Stadt nie zerstört wurde. Deshalb findet man nahezu keine Bausünden die irgendwelche Lücken füllen mussten. Auch die sonst in Städte die Fassaden verschandelnden Ketten sind nicht vorzufinden. Galerien, kleine Geschäfte, Märkte und die unterschiedlichsten Bars und Restaurants bestimmen das Bild. Auch die Plätze sind nicht wie sonst mit Plattformen, Tischen und Stühlen der Restaurants zugepflastert.
Krakau ist recht touristisch, allerdings auf eine angenehme Art und mit einem besonderen lebendigen Flair. Mir wird die Stadt in Erinnerung bleiben und gehört mit zu den Top Ten der besuchten Städte.
Hunderte Bilder hätte ich schießen können, die Galerie bildet nur einen ganz kleinen Ausschnitt.

Da wir bei unseren Erkundungen das Bimo nicht auf irgendeinen überfüllten Parkplatz in der Stadt abstellen wollten, suchten wir den Camping nr 49 Adam an der Weichsel auf. Schön gelegen und von hier aus ist die Innenstadt schnell erreichbar. Außerdem wollten wir Abends nach den Exkursionen ein wenig Ruhe genießen. Blöd nur und darauf findet sich nirgends ein Hinweis, dass sie nur bis 3 Tonnen auf den Platz lassen, angeblich sei der Boden zu weich. Zumindest durften auf den Parkplatz bleiben, zum vollen Preis natürlich. Ich hatte aber nun keine Lust mehr, mich durch das furchtbare Verkehrsgetümmel zu einem anderen Platz zu kämpfen.

07.09.2022 – Tschenstochauer Jura – 31 km

Das Krakau-Tschenstochauer Jura ist ein Mittelgebirge im südlichen Polen und liegt im Nationalpark Ojców (Ojcowski Park Narodowy) Luftlinie ca. 15 km nordwestlich von Krakau. Bezeichnend sind die Kalkfelsen mit den Karsterscheinungen wie Tropfsteinhöhlen, Versteinerungen wie Ammoniten, Felsmassive und -türme.
Es gibt hier nicht so viele Parkplätze und die, die vorhanden sind, sind recht teuer. 2 – 3€/Stunde empfinde ich schon als recht abgeschmackt. Nun, wir hatten wohl mit rund 3€/Tag den einzig günstigen Parkplatz am Rand des Nationalparks entdecken können. Nicht nur, dass der Parkplatz recht günstig als Startpunkt für Wanderungen gelegen ist, hier darf man auch übernachten.
Auf Grund der Parkplatznot sollte man auf den Parkplätzen insbesondere in der Saison frühzeitig erscheinen.

08.09.2022 – Błędów-Wüste – 31 km

Die Błędów-Wüste ist ein neun Kilometer langes und 3–4 Kilometer breites, sandiges, von Wald umgebenes Gebiet zwischen Błędów und Klucze. Einst das größte Vorkommen von Sand in Mitteleuropa im küstenfernen Binnenland (Wikipedia). Sie befindet sich ca. 30 km nordwestlich des Tschenstochauer Jura. Die Mischung aus Sand, Wald und Teichen ist schon interessant. Ich denke aber, an statt einen teuren beleuchteten Radweg mit Video-Überwachung und aufwändigsten Picknick-Platz wäre das Geld in die Pflege der Wüste besser investiert gewesen. Langsam aber sicher wird die Wüste, heute eher eine große Düne, wieder von Grün erobert. Oder in die Reinigung der Landschaft, denn teils liegt so viel Müll und das leidliche Toilettenpapier herum, dass es wirklich unschön ist.

10.09.2022 – Oświęcim/KZ Auschwitz – 50 km

Wenn man schon in dieser Gegend ist, sahen wir es fast als Pflicht an, das KZ Auschwitz und Birkenau zu besuchen. Ich lasse mich hierzu jetzt nicht besonders aus und verweise besser auf Wikipedia.
Die Anlagen sind nicht so einfach zu besuchen, bzw. zu besichtigen und müssen gebucht werden. Es sollte sich auch unbedingt die FAQ mit all den Verboten und Verhaltensregeln durchgelesen werden. Leider ist alles auf englisch, auch die Erklärungen im KZ. An deutsche Besucher wurde für den Besuch der Anlage unverständlicherweise nicht gedacht. Alle Infos findet ihr auf visit.ausschwitze.org.
Da ich mich schon früher ausgiebig mit dem Thema beschäftigt und auch jetzt einiges nochmals im Vorfeld durchgelesen hatte, berührte es mich eher, einmal an dem Ort des fast unglaublichen Geschehens gewesen zu sein. Insbesondere die Ausdehnungen des KZ Birkenau sind fast unbegreiflich.
Bei der Anlage selbst wurde m.E. eine Chance vertan. Durch die Restauration wirkt alles fast wie neu, teils fast wie ein Wohnviertel. Das unbeschreibliche Grauen wird hier leider kaum vermittelt. Selbst die grauenvollen Bereiche des Blockes 11, wo ein Fotografierverbot besteht, erscheinen recht harmlos.
Bei meinen Handy-Bildern musste ich mir schon echt Mühe geben, hier etwas Bedrückendes zu schaffen.
Schade eigentlich, denn jungen Menschen ist das unvorstellbare Grauen so kaum zu vermitteln. Dies halte ich aber für wichtig, denn so etwas sollte sich nie wieder wiederholen.

12.09.2022 – Krakau Reifenmontage/Dobczyce – 100 km

Hatte ich die Reifen doch noch bei unserer Abfahrt kontrolliert, sind sie jetzt, nur rund 4.000 km weiter vorne völlig hin!
Sägezahn, heraus gebrochene Stücke und völlig spröde. Mir ist es ein Rätsel, wie dies so schnell geschehen konnte. Vielleicht waren es die vielen Schotterpisten? Egal, nun mussten halt Neue her, was sich als nicht so einfach gestaltet hatte. Die neuen Nokian Rotiiva Outpost und überhaupt in unserer Reifengröße waren bei keinem Reifenhändler in Polen bestellbar. Ich hatte sie vorige Woche im Internet bei Tirendo, einem europaweit tätigen Reifen-Onlinehändler bestellt. Als Lieferadresse hatte ich eine Werkstatt in Krakau als Servicepartner gewählt, die sie dann montieren sollten. Bei der Aktion war mir schon etwas mulmig, schon alleine, weil mir 4 Tage lang kein Versandstatus angezeigt wurde. Schissig wie ich bin, hatte ich nach 5 Tagen den Onlinekauf widerrufen. Prompt folgte dann die Statusanzeige des Versandes. Zwei Tage später kamen die Reifen an und wurden gleich montiert.
Waren wir froh, aus diesem krakauer Verkehrschaos endlich raus gekommen zu sein. Etwas südlich von Krakau fanden wir in Dobczyce einen hübschen und ruhigen Übernachtungsplatz am Fluss.

13.09.2022 – Nowy Targ – 70 km

Der Gerberort für Schaffelle Nowy Targ liegt rund 20 km Luftlinie vor der slowakischen Grenze am Rande der Tatra.
Hier füllten wir noch einmal unseren Gastank, denn mit rund 0,65€/Liter werden wir nicht mehr günstiger tanken können. Ebenso erstanden wir noch eine neue Soda-Stream Flasche, die man ja auch nicht überall bekommt.

Hier endet dann auch unsere Reise durch den Osten Polens. Ich glaube, dies war auch nicht das letzte Mal, dass wir hier waren, denn die knapp drei Wochen waren eigentlich viel zu kurz.
Leider haben wir es für unsere Verhältnisse etwas eilig, damit wir vor dem Schnee in den Süden ankommen.

Nächster Reisebericht: Slowakei und Ungarn