Reisebericht Norwegen Nordland

Reisebericht Norwegen Nordland

10. Juli 2022 0 Von Mikesch

Ich kenne Norwegen noch aus einer Zeit, als die Straße von Trondheim bis zum Nordkap noch eine Piste war. Da musste/sollte man sich zur Sicherheit noch an den Tankstellen an und abmelden.
Am Nordkap traf man vereinzelt Reisende und keine Massen an Touristen. Da war kein Info-Zentrum und ein überteuerter Parkplatz wo sich heute die Tupperdosen stapeln, dort war einfach nur ein Felsen.
Es gab keine Wohnmobile, selbst als wir das letzte Mal 2005 im Fjordland waren. Alles war entspannt, da konnte man noch alleine ohne Menschenmassen vom kostenlosen kleinen Parkplatz den Preikestolen hoch laufen.
Es gab keine Aussichtsplattform am Trollstiegen wo sich heute die Wohnmobile herauf und herunter quälen. Überteuerte Camping- und Stellplätze die man teils sogar vorbuchen muss wo sie dann in Tetris-Manier aufeinander hocken.
Sicherlich drang mal ein Kreuzfahrer in den Geiranger-Fjord ein und verschandelte schon damals die Landschaft, aber nicht so extrem wie heute.
Menschen, Menschen und nochmals Menschen mit ihren Wohnmobilen, wollen wir uns das wirklich antun?
Norwegen ist ein Land von unbeschreiblicher Schönheit, der Grund, warum wir dennoch einen Versuch wagen wollten. Allerdings vermieden wir, oder versuchten es zumindest, touristische Anziehungspunkte anzufahren. Die oben beschriebenen Sehenswürdigkeiten suchten wir deshalb nicht auf.
Wir versuchten, unsere Nischen jenseits des Trubels und der Wohnmobil-Karawanen zu finden.
Falls uns alles auf die Nerven gehen sollte, so der Plan, fahren wir einfach wieder nach Schweden…

Vorheriger Reisebericht: Schweden II die Mitte ->

Tipps, Besonderheiten und Eindrücke

Maut

Keine Ahnung, ob die Norweger keine Touristen wollen, verständlich wäre es ja 😉
Die Kundenfreundlichkeit, Usability der Webseiten und überhaupt die digitale Welt ist die schiere Steinzeit, die ich selbst von Deutschland nicht kenne! Fahrpläne der Fähren, die über ein eigenes DropBox-Konto gespeichert und geladen werden müssen, wie bescheuert ist das denn? Erst seit 05/2022 gibt es eine Website, wo man die Fährverbindungen aufrufen kann 🙂
Alleine das Prozedere mit der Maut, da müssen noch zusätzlich Mails verschickt werden ohne dass man eine Antwort über die Zuordnung zur Tarifklasse erhält. Fährt man über eine Mautstraße, piept der Bizz noch nicht einmal. Eine Kontrolle der Maut ist kaum möglich, da man sich die Gebühren mühsam aus dem Netz zusammen klamüsern muss und im Bizz auch erst Tage später auftauchen.
Die Abrechnung der Fähren dauerte teils 5 Tage und wurde bei uns dann noch zusätzlich mit dem vollen Preis und falscher Fahrzeugzuordnung über den verknüpften Bizz abgerechnet und die Kreditkarte belastet! Das mit dem Autopassferje und dem Bizz haben die Abrechnungstechnisch in keiner Weise im Griff. Da läuft man gegen eine Wand des Unverständnisses und man glaubt, man hätte es mit Deppen zu tun! Die Liste mit den Fährfahrten wurde 3 Mal geändert und ich bekam ebenso oft neue Rechnungen.
Ich habe Besseres zu tun, als mich auf Reisen mit so etwas beschäftigen zu müssen und meinem Geld hinterher zu laufen.
Wichtige Seiten sind nur auf norwegisch und ebenso wichtige Informationen sind für den normalen Touristen nicht bis kaum zu finden. Ein Muss ist deshalb die Seite nordlandblog.de, dort findet ihr alle Infos über Norwegen und vor allem Anleitungen über das Mautsystem!

Nachtrag 08/2022 Maut und Ferjekort

Nach 4 Wochen und etlichen unbeantworteten Mails hatte mir BroBizz die fälschlicherweise abgebuchten Beträge wieder zurück überwiesen. Auf die Kosten für die Auslandsumsätze und Kursschwankungen bin ich allerdings sitzen geblieben.
Auf die Rückerstattung der Vorkasse von autopassferje für die Ferjekort warte ich nach 3 Wochen immer noch.
Warum die Verknüpfung mit dem Transponder sein soll, verstehe ich auch nicht. Es fand nie eine elektronische Erfassung statt. Wie in der Steinzeit lief da jemand auf den Fähren herum und hat mit seinem Handy die Kennzeichen fotografiert oder auf einen Zettel notiert.

Preise

Ob etwas teuer erscheint oder nicht, ist recht subjektiv. Deshalb hier einige mittl. Preise vom Discounter Rema, jeder mag das dann für sich entscheiden, Stand Juli 2022:
Milch 2€, griechischer Yoghurt 6 – 10,-€ heimisches Obst wie Äpfel 3,50€, Bananen 3,-€, Paprika 4 – 10,-€, Schweinefleisch 17,-€, Rindfleisch (Hack/Braten) 20,-€, Steak 36,-€.
Gemüse wie Blumenkohl von 7 – 12,-€, Auberginen oder Zucchini um 4,-€. Kartoffeln lagen bei 3,50€, Nudeln und ebenso Mehl bei 3,-€, alle Preise/Kilo. Tiefgefrorenes Gemüse ist in der Regel günstiger.
Das Brot ist nicht so toll, war aber besser als erwartet. Sogar Roggen- und Sauerteigbrot ist zu bekommen, die kg-Preise bewegen sich um 5 – 10 €. Der Dieselpreis war in der Tat gewöhnungsbedürftig, durchweg um 2,70€/Liter.
Camping: Je nach Ausstattung und Lage sowie Saison sind zwischen 27,- und 50,- €/Tag zu veranschlagen. Wohnmobil-Stellplätze um 25,- bis 30,- €/Tag, dann meist mit Sanitär. Es kommt hier insbesondere auf den Ort an. Befindet sich ein Stellplatz, meist eher ein Parkplatz an einem HighLight, können es auch für nichts auf Asphalt mal um 30€ und mehr sein.

Wandern

Nur wer ein Land erlaufen hat, hat es auch kennen gelernt. So oder ähnlich meinte es einmal Goethe.
Ich kann nur sagen, stimmt! Norwegen ist grandios schön und gewaltig! Wer einfach nur hindurch fährt, bekommt die Schönheiten gar nicht richtig mit. Da Norwegen nun mal recht bergig ist, sind auf den Wanderungen oft etliche Höhenmeter zu überwinden. Insbesondere im Nordland, Lofoten, Senja und den anderen Inseln erschließt sich jedoch erst aus der Höhe die gewaltige Schönheit des Landes.
Oft fehlen insbesondere im Gebirge richtige Wege und man muss seinen Weg zwischen den Wegpunkten selber finden. Geländebedingt sind die meisten Wanderungen one way, also hin und zurück. Sicherlich gibt es auch Rundtouren, die wollen auf der Grund der länge aber geplant sein.
Das fanden wir schon vor 30 Jahren blöde und es hat sich bis heute kaum etwas daran geändert:
Es gibt viel zu wenige Parkplätze, da fährt man an wundervolle Orte vorbei und hat keine Möglichkeit, mal eben anzuhalten. Gerade entlang der Fjorde oder durch die Fjell-Landschaften empfanden wir das sehr traurig bis ärgerlich, an schöne Punkte einfach vorbei fahren zu müssen.
Die Informationen über Wanderungen sind recht dürftig, auch hier scheint Norwegen keinen ausländischen Tourismus zu kennen oder kein Interesse an Besucher zu bestehen. Die einschlägigen Apps sind nur auf norwegisch, ebenso wie die wirklich hilfreiche Seite ut.no die es auch als App gibt. Ruft die Seite an Stelle der App im Google Chrome auf, dann wird sie wenigstens leidlich übersetzt. Auf der Website findet ihr so ziemlich alle Wege, die man so erwandern kann. Besonders toll ist, dass man die gps-Daten in PocketEarth importieren kann, sehr hilfreich, wenn man mal den Weg verloren hat, bzw. man die Wege eh selbst finden muss.

Übernachten, freies Stehen mit dem Wohnmobil

Grundsätzlich und um das klar zu stellen: Das Jedermannsrecht mit seinem Regelwerk gilt gilt AUSSCHLIESSLICH für Wanderer und Radfahrer!
Auf etlichen Rastplätzen befinden sich, rechtlich natürlich nicht unbedingt bindend, von Anwohnern oder Gemeinde angebrachte Tafeln, man möge nach kurzer Rast mit seinem Wohnmobil wieder verschwinden.
Viele Parkplätze an schönen Orten sind mit Wohnmobile förmlich zugeparkt, so dass die Einheimischen kaum mehr einen Platz für ihren PKW finden. Die Folgen kann man sich ausmalen.
Trotzdem, hält man sich etwas abseits der Touristenströme und beherzigt ganz simple Regeln des Respektes und der Höflichkeit, findet man schon seine teils auch wunderschönen Übernachtungsplätze.
Bis auf einen Campingplatz, den wir mangels Parkplätzen und auch Wäsche angefahren sind, standen wir ausschließlich frei.

Wetter

Das Wetter kann bei Westlagen schon mal mistig werden und das auch dauerhaft. Leider sind dann auch die Schönheiten des Landes nicht wirklich zu sehen. Abgesehen von der Sicht, sollte man auch bestimmte Wanderungen aus Sicherheitsgründen unterlassen, da der Granit recht rutschig werden kann.
Solche Zeiten sollte man auch mental bewältigen können. Wenn ein Partner nur gelangweilt ist und das Wetter nicht mehr erträgt, kann das schon zum Problem werden.

Die Menschen

Keine Ahnung, warum die Nordmenschen gefühlt so muffelig und unhöflich sind. Liegt es am Klima? An den extremen Jahreszeiten? Oder sind sie nur gegenüber Wohnmobil-Fahrer so? Keine Ahnung…
Lässt man Leute überholen oder gewährt ihnen an einer Ecke die Vorfahrt, selten ein Zeichen eines Dankes. Hat man mit ihnen in Geschäften oder sonst wo zu tun, sie sind muffelig. Trifft man den norwegischen Menschen irgendwo, immer hatten wir das Gefühl, dass wir unerwünscht sind.
Auch untereinander sind die Norweger recht reserviert und vor allem rücksichtslos. Die Wohnmobil- und Gespannfahrer Fahrer tun sich da besonders hervor. Sie blockieren mit ihren Wohnmobilen oder Gespannen Parkplätze die für PKW vorgesehen sind, fahren dann noch die Markisen aus und bauen die Stühle und Tische auf. Holen Generatoren heraus und stellen sie natürlich so auf, dass der Nachbar den Lärm abbekommt.
Da bin ich mit meiner U. einer Meinung, niemals könnten wir es in diesem Land länger aushalten.

25.06.2022 – Unkervatnet – 80 km

Unsere letzte Station war gestern der kleine Skiort Kittelfjäll in Schweden. Von dort führt eine kleine schlängelige, wellige und vielleicht 4 m breite Straße nach Norwegen. Diese Route über den Schleichweg über die Grenze hatte ich mir mit Absicht ausgesucht. Dies war in der Tat eine gute Entscheidung, nein, nicht zum Schmuggeln 😉
Sicherlich trug das tolle Sommerwetter mit Sonnenschein und 28 Grad dazu bei, die Fahrt war einfach nur schön. Wasserfälle sowie schneebedeckte Berge und irgendwie erinnerte uns die Landschaft ein wenig an Alaska oder auch dem Yukon in Kanada. Auf diesen 80 km sind uns vier PKW begegnet, ansonsten war es einfach nur menschenleer.
Am Unkervatnet, einem See kurz hinter der Grenze, fanden wir einen traumhaft schönen Übernachtungsplatz. Der Platz wurde offensichtlich von einem Verein liebevoll mit Hütte und Feuerstelle hergerichtet, sogar ein gefliestes WC war vorhanden, natürlich picobello sauber!
Was für eine Kulisse, was für einen Einstand in Norwegen! Ob das so bleiben wird? Hoffen wir es!

26.06.2022 – Torghatten – 185 km

Vielleicht sind 185 km für uns etwas viel, allerdings sollte das Wetter die nächsten Tage umschlagen und wir wollten das jetzige schöne Wetter für eine Wanderung nutzen. Außerdem ist das Ziel norwegentypisch eine ziemliche Gurkerei, Luftlinie liegt der Torghatten nur 100 km entfernt. Die 185 km waren aber mehr als angenehm und schön zu fahren. Kein Verkehr und landschaftlich wurden wir durch die Schweiz und Gardasee geführt bis wir die typisch norwegische Landschaft erreichten. Ich sach nur, grandios!

Der Torghatten ist ein Berg in der Nähe von Brønnøysund. Die Besonderheit ist eine geologische Form mit einem 35 m hohem und 160 m langem Loch im Berg das man durchwandern kann.
Das Loch ist wahrscheinlich durch Ausspülungen entstanden, bevor sich der Erdboden nach der Eiszeit erhoben hat.
Die Wanderung von rund 3 km und 150 Höhenmeter klingt unaufgeregt, hat es aber in sich, da man hoch und runter über Steine kraxeln muss. Die Höhle, bzw. das Loch ist schon interessant und man genießt von hier oben eine grandiose Aussicht auf die Inseln. Wir hatten die Wanderung in der Hoffnung des warmen Sonnenlichts noch Abends unternommen, doch leider hatte es wegen der Wolken nicht ganz so mit dem Licht geklappt.

Camping Torghatten

Niedergelassen hatten wir uns ausnahmsweise einmal auf einen Campingplatz, den Torghatten Camping & Beach. Für den Preis ohne Strom von rund 27€ sind WLAN, Dusche und Waschmaschine enthalten.
Abgesehen davon, dass der Campingplatz praktischerweise am Beginn des Wanderweges zum Torghatten liegt, mussten wir wieder einmal waschen. Hier bekamen wir denn auch gleich einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen mag. Wohnmobile, Wohnmobile und noch mehr Wohnmobile. Gott sei Dank ist der Platz recht groß und es war nicht gar so bedrückend.
Vorgelagert befinden sich noch einige privat betriebene Parkplätze. Die nehmen für die Übernachtung ohne alles 20 Euro, da sind die 27 Euro ja wirklich günstig.

27.06.2022 – Tjøtta – 66 km

Vom Torghatten aus hatten wir uns entschieden, die Küste weiter auf dem Kystriksveien, der Küstenstraße nach Bodø zu folgen. Wir hatten die Hoffnung, dass die Straße in Anbetracht etlicher Fähren weniger befahren sein wird und auch landschaftlich einen besonderen Reiz hat.
Zwar waren etliche Wohnmobile unterwegs, dennoch war es recht entspannt. Und die Landschaft? Boah, sag ich nur…
Dieser Tag war dann durch die zwei Fährfahrten fast wir eine Kreuzfahrt und wir sind nur wenige Kilometer gefahren. Dies war vom Wasser aus auf die Berge mal eine völlig andere Perspektive.

Einige Kilometer nördlich vom Fährhafen Tjøtta hatten wir einen wundervollen Platz mit traumhaften Aussichten auf die Inseln und Berge gefunden.
Abends hatten wir noch unsere Räder ausgepackt und eine kleine Radtour bei der untergehenden Sonne unternommen. Wir wollten noch einmal die Kühe sehen, die so faul am Strand lagen. Das sah doch irgendwie seltsam aus.

28.06.2022 – De Syv Søstre – 25 km

Nur 10 km weiter unternahmen wir bei der Alstahaug Kirke einen kleinen Spaziergang durch den Wald, wo uns auf einer Wiese sogar ein Rentier entgegen kam. Wir sind wohl zu unscheinbar. Die Kirche ist eine Sehenswürdigkeit, die sich Ulrike angesehen hat. Nun ja, ich bin da wohl durch die französischen Kirchen zu sehr verwöhnt, bei mir kam bei der einfachen Kirche kein aha-Erlebnis auf.

Fünfzehn Kilometer weiter stoppten wir auf einen Parkplatz am Markvollveien am Gebirgszug der Sieben Schwestern, wo wir auch die Nacht, sofern man sie so nennen kann, verbrachten.
Von hier aus führen Wanderwege zu den sieben Gipfeln des Gebirgszuges. Der Weg bis zum Gipfel des Skjæringen ist nur 5 km lang, hat es mit 1.000 m Höhenunterschied aber in sich. Vor allem muss man sich seinen Weg trotz Markierungen mehr oder weniger über die Felsen selber suchen.
Wir begnügten uns mit einem kurzen Teilstück mit nur 170 Höhenmeter und 3,7 km hin und zurück zu einem kleinen Wasserfall mit Pool und toller Aussicht. Selbst dafür waren wir mit der Kraxelei über die Steine gut zwei Stunden unterwegs.

29.06.2022 – Tortenkøta/Tortenviktinden – 100 km

Eine Etappe, die heute eher an Österreich oder die Schweiz erinnerte. Die Berge waren meist in den Wolken verschwunden, so waren nur die Tannenwälder und die aufgeräumten Wiesen zu sehen. Die Fjorde erinnerten uns eher an Seen als an Meeresarme.
Ich hatte zwar einen schönen Platz mit traumhafter Aussicht auf 200 Meter Höhe auf den Fjord gefunden, aber meist war der Berg in Nebel gehüllt und lediglich eine schöne Aussicht ist auch nicht alles. Dazu kommt, dass Ulrike die Höhe nicht mag und der steile Abhang ihr Übelkeit bereitet.

Also sind wir noch ein Stück weiter zum Rastplatz Tortenkøta gefahren, den Ulrike noch entdeckt hatte. Der Rastplatz ist ebenso die Basis für eine Wanderung zum Tortenviktinden einer kleiner Berspitze.
Dies war wieder einmal ein Glücksgriff! Wir unternahmen nur eine kleine Wanderung zu einer Schutzhütte und waren so etwas von geflasht! Die Sonne ist wieder heraus gekommen und tauchte die Felsen in warmes Licht. Diese Steinformationen, Seen, Bewuchs und diese Aussicht, einfach der Wahn.
Genau so stellen wir uns Norwegen vor!
So langsam wurde es auf dem Kystriksveien mit Wohnmobilen nervig voll. Dabei dachten wir naiv, dass diese Route eher leer sein würde, doch Fehlanzeige. Langsam mussten wir mal sehen, ob man dem entfleuchen kann. Wenn man nicht rechtzeitig einen Platz anfährt, kann es schon eng werden.

30.06.2022 – Aldersund – 19 km

Nur 19 km den Kystriksveien weiter sind wir auf einem Parkplatz am Aldersund förmlich kleben geblieben. Die 1800 Aussicht auf die Inseln war bei diesem Traumwetter förmlich ein Geschenk, hier kann man doch nicht einfach weiter fahren! Sogar Ulrike konnte die Höhe genießen. Der Parkplatz ist auch einer der selten Orte, wo man die Mitternachtssonne noch ein wenig genießen kann, bevor dann wieder ein Berg im Weg ist. Um 01:00 Uhr war sie dann auch bei uns weg, da sie gegen einen Berg stieß.
Über Stunden hinweg genossen wir bei 25 Grad dieses grandiose Schauspiel. Die Bilder können das gar nicht wieder geben, zu gewaltig waren die Lichtverhältnisse.

01.07.2022 – Tjongsfjorden – 71 km

Heute absolvierten wir bei schönstem Wetter wieder eine kleine Kreuzfahrt von Kilboghavn mit der Fähre über den Sorfjorden nach Jektvik. Auf dem Kystriksveien ist dies mit knapp einer Stunde eine der längsten Fährfahrten. Diese Fähre gehört zu jenen, die ab dem 1. Juli 2022 für 2 Monate kostenlos sind, da sie im Jahr nicht mehr als 100.000 Passagiere aufweisen können. Nun ja, die 12€ hätten wir aber bestimmt aufbringen können.
Am nördlichen Eingang des Melfjorden überfuhren wir auf 660 Breite den Polarkreis, das blaue Licht war jedenfalls passend.
Nur ca. 35 km hinter dem Fährhafen mussten wir am Tjongsfjorden für die Nacht stoppen, zu eindrucksvoll war wieder einmal dieser Platz. Gut dass wir so früh waren, am Abend war der Platz rappelvoll mit Wohnmobilen.

02.07.2022 – Reipå – 81 km

Der heutige Tag führte uns an unseren ersten Gletscher vorbei, dem imposanten Svartisen. Schade nur, dass das Wetter so gar nicht mitgespielt hatte.
Der Parkplatz, von dem man eine Bootstour zum Gletscher unternehmen kann, war voll bis zum letzten Platz. Auch die Anderen waren nicht gerade leer. Eine Wohnmobilkarawane schlängelte sich entlang der Fjorde, was wir als mehr als nervig empfanden. Wir setzten uns mit unserer Kriechgeschwindigkeit an die Spitze, so hatten wir wenigstens eine nette Sicht nach vorne 😉
Zwar fanden wir entlang der Fjorde einige Übernachtungsplätze unmittelbar am Wasser die natürlich auch gut mit Wohnmobilen belegt waren, aber der Straßenlärm nervte uns. Bei Reipå fanden wir dann einen schönen, absolut ruhigen und einsamen Platz, sogar mit Blick auf die Lofoten, wo wir uns dann niedergelassen hatten. Sogar eine kleine hübsche Wanderung konnten wir von hier aus unternehmen. Nun hatten wir sogar den optimalen Mitternachtssonnenplatz und was war? Der Himmel hatte sich so zugeszogen, dass wir fast wieder eine Nacht hatten.

03.07.2022 – Storvik – 13 km

Nur 13 km weiter liegt in einer malerischen Bucht Storvik, von wo aus man einige nette Wanderungen unternehmen kann.
Eigentlich wollte ich ja den Kua hoch laufen, allerdings sah die Wettervorhersage nicht so gut aus. So beschränkten wir uns auf die kleine 5 km-Runde rund um Storvik.

04.07.2022 – Langsanden Beach, Sandvik – 68 km

Wie der Name schon erahnen läßt, handelt es sich bei dem Langsanden Beach um einen Strand auf der Insel Sandhornøya.
Dieser für norwegische Verhältnisse recht lange Sandstrand stellt insbesondere für den Norden schon eine Besonderheit dar.
Von hier aus hat man bei klarer Sicht eine gute Aussicht bis hin zu den Lofoten. Ebenso interessant sind die schön mit Flechten bewachsenen Steinformationen mit den Pools am nördlichen Ende des Strandes.
Die Zufahrt auf der kleinen Straße ist bei Gegenverkehr schon spannend. Wer von Süden über die Fähre kommen möchte, sollte unbedingt vorher den Fahrplan studieren, da die Fähre von Sund nach Horsdal nur zwei Mal am Tag fährt.

05.07.2022 – Saltstraumen – Sjunkhatten Nationalpark – 76 km

Wir fuhren die schlängelige Straße durch die Murmelsteinfelsen wieder zurück zur 17 und weiter Richtung Bodø. Nach rund 45 km überfuhren wir den Mahlstrom Saltstraumen, mit ca. 40 km/h angeblich der größten Strömungsgeschwindigkeit der Welt. Also die Strömung war schon heftig, dazu kam, dass wir Neumond hatten und zur richtigen Uhrzeit dort waren.

Der Saltfjorden bietet an seinen steinigen Ufern eine besondere Landschaft.

Anschließend sind wir zum zwischen Bodø und Fauske gelegenen Sjunkhatten Nationalpark gefahren wo wir außerhalb der Parkgrenze einen schönen Übernachtungsplatz gefunden hatten.
Durch den Park führen einige Wanderwege durch die eigenwillig schöne Felslandschaft mit Flüssen, Fjelllandschaften und ursprünglichem Wald.
Leider war das Wetter heute nicht wirklich dolle, so dass man die Schönheit der Landschaften nicht so richtig erfassen konnte.

06.07.2022 – Fauske – Eiavatnet – 130 km

In Fauske ist bei LPG Stasjon für den ganzen Norden die einzige Gelegenheit, LPG zu tanken. Logisch, dass wir nach zwei Monaten hier unseren Gastank (1,50€/L) gefüllt hatten. Für einen Monat hätten wir zwar noch Luft gehabt, aber man weiß ja nie. Ansonsten besteht erst wieder in Kiruna (Schweden) eine Möglichkeit.
Nach einem Einkauf beim Rema fuhren wir mangels Alternative weiter auf der E6 gen Norden. Nach 60 km bogen wir auf die kleine und schmale Fv613 ab. Sie führt schlängelig zwischen den hohen Bergen hindurch. Wer Zeit hat, dem ist die schöne Strecke zu empfehlen. Nachdem man der Blech-, Knatter- und Plastik-Karawane entflohen ist, fühlt man sich gleich wieder in einsamer Natur. Die felsige Landschaft ist recht wild und hat etwas von Hochgebirge. Am Eiavatnet hatten wir dann einen tollen Übernachtungsplatz gefunden.

07.07.2022 – Stetind – 96 km

Langsam wurde es deprimierend ungemütlich. Seit nun drei Tagen hatten wir Dauerregen mit kleinen Unterbrechungen. Mittags ist es in dem Grau genau so hell, bzw. dunkel wie um Mitternacht.
Kann man eigentlich norwegentypisch auch so schon wenig unternehmen, weil es keine Parkplätze an den hübschen Stellen gibt, sind die tollen Wanderwege die ich mir ausgeguckt hatte, bei dem Mistwetter nicht zu laufen. Dazu kommt, dass man in dem Nebel eh nichts sieht.
Eigentlich sind wir heute auch nur aus Langeweile so viel gefahren. Als wir mit der Fähre in Kjøpsvik ankamen, hatten wir unseren dort geplanten Übernachtungsplatz sogleich wieder verlassen. Kjøpsvik ist eine Industriestadt mit Schwerpunkt Zementherstellung und bei diesem Wetter mit der Menschenleere so niederschmetternd depressiv, dass wir nur noch weg wollten.
Auf der 827 befindet sich ein Rastplatz mit Beginn des Wanderwegs hinauf auf den Gipfel des Stetind. Der 1.392 hohe Stetind, der größte Granit-Obelisk der Welt ist ein Nationalberg Norwegens.
Die Wanderung hinauf bis zum 790 m hoch gelegenen See soll alleine schon ein Erlebnis sein, die leider wetterbedingt für uns ausfiel. Hinauf zum Gipfel bedarf es Bergerfahrung.

Um Ulrikes Langeweile zu begegnen unternahmen wir im Pladder zumindest den Versuch einer kleinen Wanderung entlang des Storelva, allerdings mussten wir schnell abbrechen, da uns die Kletterei auf den nassen Steinen zu gefährlich erschien.

08.07.2022 – Svartvatnet – 110 km

Auch an diesem Tag ging es weiter mit dem Regen und dem Grau. Wir fuhren zunächst noch die 827 und dann die E6 weiter Richtung Narvik.
Die Landschaft mit den bewachsenen schärenartigen Felsen, den vielen Wasserfällen und den Seen war selbst bei diesem nassen Grauwetter einfach nur der der Wahn. Da hüpfte auch Ulrikes Herz wieder. Nur, wie so oft, es gab kaum eine Parkgelegenheit und wir mussten traurigerweise an etlichen schönen Punkten einfach weiter fahren. Auf der 827 zockelte ich mit 40 km/h daher und auch auf der E6 mussten sich die Leute halt auf ein stauproduzierendes Bimo einstellen.
Am Svartvatnet, einem kleinen idyllischen See auf 300 m Höhe und kurz vor der schwedischen Grenze gelegen, schlugen wir unser Nachtlager auf. Die E10 ist hier recht gut befahren, klar dies ist eine wichtige Verbindung. Ich denke, pro Stunde fuhren hier gut 100 Wohnmobile und Wohnwagen vorbei.

09.07.2022 – Bjørnfjell – 15 km

Der Regen legte am nächsten Tag zumindest streckenweise für ein paar Stunden eine Pause ein. Wir unternahmen einen kurzen Abstecher rüber nach Schweden, denn unmittelbar hinter der Grenze befindet sich ein kleiner ICA und kauften dort etwas ein. Da war mit Touristen und Norwegern richtig was los, was ja auch kein Wunder ist. Gut aussehendes Obst und Gemüse, Bier und das alles zu nicht mit Norwegen vergleichbaren Preisen. Außerdem ist der nächste Supermarkt in Schweden gut 150 km entfernt in Kiruna.
Eben deshalb, weil das Wetter an diesem Tag nicht gar so uselig war, entschieden wir uns, noch einen Tag hier oben im Fjell zu bleiben und fuhren zurück nach Norwegen. Von einem halbwegs netten Parkplatz aus unternahmen eine kleine Wanderung durch diese hohe Welt der runden Moossteine mit den kleinen Seen. Eine Landschaft, ganz nach unseren, vor allem Ulrikes Geschmack 😉
Bjørnfjell ist übrigens ein kleines zersiedeltes Dorf, verfügt aber über einen richtigen Bahnhof und über eine Kirche.

10.07.2022 – Abisko/Schweden – 60 km

In Anbetracht der üblen Wettervorhersage, es sollte noch wenigstens eine Woche weiter so pladdern und zwar vom tiefsten Süden bis hoch zum Nordkap, planten wir endgültig, Norwegen abzubrechen.
Es macht keinen Sinn, tagelang im Womo herumzuhocken und auf besseres Wetter zu warten. Mir würde es ja nichts ausmachen, auch bei Regen zu Wandern, aber erstens ist es auf den nassen Felsen glatt und zweitens sieht man schlicht nichts von der grandiosen Landschaft.
Erschwerend kommt dazu, dass meine U. emotionale Blähungen hatte, da muss man sich schon konditionieren um selber seine gute Laune zu erhalten.
U. kann mit den hohen Bergen, insbesondere wenn sie auch noch steil aufragen, nichts anfangen. Für steile und hohe Bergwanderungen ist sie gar nicht zu haben, andererseits möchte sie aber doch laufen. Da geb ich U. natürlich recht, einfach nur so durch das Land fahren, das ist ebenso fad. Vor allem wie schon erwähnt, man fährt an viele landschaftliche Schönheiten einfach vorbei, weil man nicht halten kann. Klar, auch sie ist von einigen Landschaften völlig begeistert, erst recht, wenn wir sie durchlaufen konnten, aber so wird sie schlicht unpässlich…
Nun, hab mal eine gelangweilte Begleitung bei tagelangem Regen dabei, die mit dem Land bis auf Ausnahmen nicht wirklich etwas anfangen kann. Die Frage, was ihr denn lieber wäre, krank im Krankenhaus zu liegen, durch eine hässliche Stadt zu laufen oder bei Regen durch Norwegen zu fahren, bzw. einfach mal die Landschaft genießen, brauchte leider auch nicht den Erfolg 😉

Also, auf nach Schweden, wir hofften, dass hinter den Bergen der Regen aufhören würde.
Nächster Reisebericht: Schweden III
Hier noch ein kleines Video vor allem auch mit Luftaufnahmen über die zwei Wochen Norwegen, ca. 8:00 min:

Fazit

Das Leben ist eine Bilanz, immer stellt der Mensch eine Bilanz auf. Meist finanziell, aber auch bei anderen Dingen um dann zu sagen, wir finden etwas toll oder nicht.
Norwegen hat auf der positiven Seite ganz klar die Landschaften. Also ehrlich, die sind schon der Wahn!
Klar sollte einen aber auch sein, ohne schönes Wetter sieht man da auch nicht wirklich etwas von.
Für mich/uns wird dieses Positive schlicht durch das bereits oben genannte Negative getrübt. Auf den Hauptstraßen ziehen die Wohnmobil-Karawanen, wer sich nicht im Abseits bewegt, erlebt Tetris-Parken par excellence. An vielen Sehenswürdigkeiten wird man in meinen Augen mit den Parkgebühren einfach nur abgezockt, trotzdem darf man sich an Menschenmassen ergötzen.
Diesen kundenunfreundlichen und steinzeitlichen Mist mit der Maut, Bizz und Fähren muss ich auch nicht noch einmal haben.
Für uns war es das mit Norwegen, nie wieder!
Wir behalten das Land lieber so in der Erinnerung, wie wir es in den Jahren früher erleben durften…