Italien 2025-Campania bis Kalabrien

Unser Reisebericht über den zweiten Teil unserer Reise durch Italien führt uns durch Campana, Basilikata und Kalabrien.

Vorheriger Reisebericht: Italien 2025 – Von Südtirol bis in die Abruzzen

25.10.2025-Sora-60km

Nachdem wir den schmalen Weg von der Gole di Celano wieder runter gefahren sind, sogar die Wanderer und Jogger waren schneller, sind wir weiter nach Sora gefahren.
Die netten Plätze werden auf dem Weg in den Süden seltener und ebenso die Sehenswürdigkeiten und Orte. Nicht dass es sie nicht gibt, vor allem in den Bergen, nur sind sie meist nicht unbedingt Bimotauglich.
So sind wir in Sora gelandet, wo es einen zumindest akzeptablen Nachtplatz gibt.
Sora ist wieder so ein Ort, wo uns wieder solch ein unerklärliches unbehagliches Gefühl aufgekommen ist.
Als sich dann zwei männliche Frühpubertiere in schwarzen Trainingshosen an unserem  Bimo zu schaffen machen wollten, war das blöde Gefühl perfekt.
Dennoch wollte zumindest ich einen Spaziergang durch die Stadt unternehmen und folgte auf sicherer Distanz den halbrandalierenden Pubertieren. So konnte ich mir den Ort ansehen und hatte gleichzeitig die Halbstarken im Blick, falls sie wieder zum Bimo zurück wollten.
Von der Innenstadt war ich von den teils hübschen alten Häusern und das Stadtbild insgesamt völlig positiv überrascht.
Trotzdem, einige Eindrücke der „Zweckentfremdung“ von Parks und Spielplätzen ließen mich dann doch relativ zügig wieder zum Bimo zurück kehren da sie nur mein unangenehmes Gefühl verstärkten.
Unauffälliges Bilder machen spezieller menschlicher Motive, zumal bei der Dunkelheit, war nicht möglich. Schade eigentlich…

26.10.2025-Castelvenere-130km

Wie schon erwähnt, in dieser Region wird es immer schwieriger, nette Plätze zu finden, zumindest wo man mit dem Bimo hin kommt.
Einen netten Nachtplatz haben wir im Dorf Castelvenere bei Telese Terme gefunden. Tja, aus den eigentlich 130 km wurden dann aber über 160 km, weil 30km hinter Sora die Schnellstraße gesperrt war. Zwar wurde frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Straße für >3,5 Tonnen gesperrt ist, aber ich dachte mal wieder, schiet drop.
Was ich nämlich nicht wußte, dass die Beschränkung durchaus Sinn macht, da die Umleitung durch ein enges kleines Bergdorf führt. Also alles wieder zurück und über eine kleinere schlängelige Alternativstrecke nach Castelvenere.

Das hatte aber auch was, denn hier unten im Tal war es mit bis zu 22 Grad recht muckelig warm und wir hatten wunderschöne Ausblicke auf die bewaldeten Karstberge sowie hübschen Bergdörfer. Gerne wäre ich auch eine andere Strecke durch die Berge gefahren, aber schon von hier unten mit Blick auf die Dörfer ließ erahnen, nichts für Bimo.

Nach dem Essen bummelte ich bei Nacht noch einen immensen Kilometer durch das riesige 200 x 400m große Dorf. Der Markplatz ziert ein riesiges Mural und die alten morbiden Häuser versprühen eine gewisse Schönheit.
Im Ort herrschte vielleicht ein Leben, jung und alt bewegten sich auf den Straßen und freuten sich des Lebens. Das war vielleicht eine Geräuschkulisse…
Klar, dass ich sofort als Ausländer erkannte wurde, insbesondere in meiner schmuddeligen Trainingshose und Latschen. Ich wurde sogleich angequatscht, nur blöde, niemand konnte ein Wort englisch und ich halt kein intalienisch. Dennoch, die herzliche Begrüßung mit wie gehts und woher wohin funktioniert auch mit Händen und Füßen.
Schon auf dem Parkplatz wurden wir freundlich empfangen.

27.10.2025-Apice-49km

Auf unserer Route entdeckten wir zufällig das alte Dorf Apice, ein Lost Place, das nach starken Erdbeben 1962 und zuletzt 1980 endgültig verlassen wurde.
Natürlich statteten wir dem verlassenen Dorf einen Besuch ab und streiften durch die Gassen. Der größte Teil ist leider abgesperrt und kein Zutritt möglich. Wobei, das ist aus Sicherheitsgründen eigentlich auch verständlich.

Hinter Apice haben wir dann an einem kleinen Fluss und der historischen Stätte einer römischen Brücke, wo auch Hannibal angeblich drüber gezogen sein soll, einen wunderbaren Nachtplatz gefunden.
Was mich zu der Region in der tiefen Ebene an sich bringt. Die ist völlig zersiedelt und die Städte machen einen eher ungepflegten maroden Eindruck. Vieles ist auch den Zerstörungen durch die teils sinnbefreiten Bombardierungen im WK II der Aliierten geschuldet.
Ebenso scheint hier traurigerweise auch die Müllproblematik zu beginnen.
Bemerkenswert sind ebenso all die Lost Places an Häusern, ganzen Bergdörfern und bei den Stätten die großen Industrieanlagen.
Nur die übermäßige Freundlichkeit der Menschen dämpfen die eher optisch erzeugten negativen Gefühle.

30.10.2025-Salerno-120km

Wir genossen die letzten Tage die Sonne, das warme Herbstwetter und wahrscheinlich den letzen einsamen sowie ruhigen Platz in der Natur in Italien. Nur der nahe Landwirt kam täglich mit seinem Trecker vorbei und grüßte uns freundlich winkend.Heute haben wir unser ruhiges Paradies verlassen und haben uns nach Salerno aufgemacht.

Schon länger reizte uns die wunderschöne und traumhafte Amalfi-Küste mit den ebenso wunderschönen Orten wie Amalfi oder Positano.
Das Problem: Die ist mit den engen Straßen und Orten für Wohnmobile schlicht untauglich und unterliegt deshalb auch Beschränkungen.
Überhaupt, die Küste ist, weil sie so schön ist, die Inkarnation von Menschengetümmel, Chaos und Verkehr. Sogar Roller müssen hier in den Orten Parkgebühren zahlen. 
Deshalb haben wir uns in Salerno auf einen zwar nicht wirklich schönen, aber mit z.Zt. günstigen 10€ praktischen Stellplatz niedergelassen. Sogar das Meer liegt vor der Haustüre.
Ebenso und das ist ganz wichtig, einem Roller/Motorrad Verleih in der Nähe, denn ein Roller oder Motorrad ist hier das beste Verkehrsmittel, um die Küste zu erkunden.
Also haben wir uns ein Moped gemietet um damit die Küste zu erkunden

Salerno

Natürlich haben wir auch einen Gang durch die Stadt unternommen. Eigentlich hatte ich dazu nicht wirklich Lust, da die Stadt dazu nicht wirklich einlud. Die Außenbereiche erschienen eher vergammelt, verwahrlost und vermüllt.
Dazu ist der Verkehr höllisch und man sollte sich da zuvor mental drauf einstellen. Von der Innen- bzw. Altstadt war ich dann doch überrascht. Zwar sehr morbide, doch hat sie mit den alten historischen Gebäuden ein gewisses Flair. Insbesondere die Kathedrale ist schon imposant.

Amalfi Küste

Das war heute ein Abenteuertag mit Landschaft und netten Orten…
Zunächst galt es, das Moped, also so nennen Motorradfahrer ihre Motorräder, beim Freundlichen abzuholen. Dann aus Salerno heraus zu kommen. Hier sind alles Einbahnstraßen und man darf keinesfalls in die ZTL-Zone, einer Fahrverbotszone geraten. Für die Touris ist das Moped mit einem GPS ausgestattet, das dann fürchterlich piept, wenn man in eine solche Zone gerät. Klar, dass wir angeblich in eine ZTL geraten sind, dabei hatte nur das GPS gesponnen. Wußten wir da aber noch nicht, also sind wir frei Schnauze aus Salerno heraus gefahren da das Navi null Hilfe war.

In Salerno gibt es bis auf rote Ampeln keine Verkehrsregeln an die sich irgendwer hält.
Zweiradfahrer halten sich an gar keine Regeln. Wenn man hier als ausländischer Zweiradfahrer unterwegs ist, sollte man das beherzigen, denn die ebenso robusten Autofahrer erwarten, dass man als Mopedfahrer regelfrei fährt. Hält man sich an Regeln oder gar an Geschwindigkeitsbegrenzungen, sind sie irritiert und man lebt gefährlich.
Dass keine Unfälle passieren hängt wohl damit zusammen, dass jeder damit rechnet, dass nur Chaoten unterwegs sind und entsprechend mitdenken.
Da ich mich mental darauf eingestellt hatte, machte das Fahren fast Spaß wofür ich in D in kurzer Zeit meinen Lappen verloren hätte. Istanbul war dagegen die reinste Erholung.

Die Amalfi-Küstenstraße

Die Küstenstraße ist für Wohnmobile nur Nachts erlaubt befahrbar, was aber keinen Sinn macht. Schon mit einem PKW kommt da keine Freude auf und selbst für die gelten recht verrückte Beschränkungen. Man sollte sich da also unbedingt informieren wer wann wie fahren darf!

Die schlängelige, teils in den Fels gehauene schmale Straße mit wunderschönen Ausblicken auf die Küste und die Orte wie Maion, Amalfi oder Positano ist schlicht ein Träumchen, gerade auch für Mopedfahrer.
Nur, zügig geht kaum, denn auf der Straße und in den Orten ist schlicht die Hölle los und wenn einem in einer unübersichtlichen Kehre ein Reisbus entgegen kommt…
Die bekannten Orte sind schon schön, allerdings zeigen sie auch einen gewissen Verfall. Ich glaube, die schönste Zeit für einen Besuch ist frühestens so zwei Stunden vor Sonnenuntergang und der frühe Abend.

Tipp: Die Meisten sollten besser für kleines Geld ein Hopping mit Schiff und/oder Bus unternehmen. Das ist deutlich entspannter.
Das war ein geiler spannender Tag, auch weil ich nach 7 Jahren das erste Mal wieder auf einem Moped saß. Morgen werden wir mit dem Moped noch einmal die Umgebung in den Bergen erkunden.

Motorradtour um den Monte Picentini

Auf kleinen schlängeligen Straßen fuhren wir durch die Berge östlich von Salerno und durchfuhren kleine ursprüngliche Ortschaften.
Fast wären wir verzweifelt, weil der Ort Mortella wegen dem Kastanienfest weiträumig komplett gesperrt war und wir eigentlich entweder alles wieder zurück oder über langweilige Straßen hätten umfahren müssen.
Aber die Policia Locale hatte mit uns ein Einsehen und wir durften die gesperrten Straßen befahren.
Was folgte war mit der kleinen SP25/b schlicht ein HighLight. Eine Art Lost Way, der über Pässe mit Serpentinen durch eine unglaublich schöne herbstlich gefärbte Traumlandschaft führt.
Große Steinschlagbrocken und mit Büschen und Bäumen eng zugewachsen ließen die eh schon schmale Straße in dieser wilden Landschaft schon abenteuerlich erscheinen.
Da verwunderte es uns nicht, dass die Straße von Süden kommend sogar gesperrt ist.
Das war eine Tour so ganz nach unserem Geschmack die längst vergangene Erinnerungen geweckt hatte.

02.11.2025-Licinella-42km

Wenn wir denn schon einmal am Meer sind wollten wir natürlich der Küstenlinie weiter folgen.
Schon kurz hinter unserem Stellplatz begann die Welt, die wir eigentlich nicht sehen wollten. Für die Region südlich Salerno gibt es für uns nur ein Wort: Furchtbar!
Östlich der Straße riesige Plastikfelder, westlich jener ein riesiger Lost Place mit gammeligen und heruntergekommenen Gebäuden, Bars sowie Müll.
Der Unterschied zu einem echten Lost Place besteht nur darin, dass er hier bewohnt ist.nWir fragten uns, wenn das hier schon so schlimm ist, wie soll das erst auf Sizilien werden?

Es folgt dann ein Naturschutzgebiet aus Dünen und einem Kiefernwald das sich entlang der Küstenlinie zieht, an dessen Rand sich etliche gepflegte Hotels niedergelassen haben. Das war schon sehr wohltuend für die Augen.
Am Ende dieses Gebietes hat die weltbeste Reiseführerin abseits von P4N ein schönes Plätzchen am Meer gefunden.
Auch hier ist es zwar recht „griechisch“, aber durch das Grün, die Dünen und dem fast menschenleeren Strand ist es dennoch recht nett.
Wir hatten die Gelegenheit genutzt und sind noch einen Tag geblieben.

Licinea Beach Wanderung

Was macht man an einem faulen Tag am Strand? Richtig, einen Spaziergang an jenem.
Da es sich so ergab, auch durch den Wald des nahen Naturschutzgebietes.
Der kleine Wald hatte fast schon etwas tropisches, allerdings mit Kiefern, also völlig fremdartig.
Passend hierzu entdeckten wir einen noch nie gesehenen skurrilen Pilz, einen roten Gitterling. Den hielten wir zunächst für ein Kinderspielzeug, aber dazu war er zu filigran. Google lieferte uns dann die Erklärung.
So entdeckt man im Unschönen doch immer wieder Schönes.

03.11.2025-Palinuro-75km

Es sollte eigentlich auf der schlängeligen SR267 weiter entlang der Küste gehen.
Die Küste ist geprägt von Steilküsten und von nicht so hohen, aber schönen Felsformationen. Ein Teil der Route diente sogar als Filmkulisse für einen James Bond Film.
Keine Ahnung was den Italienern hier eingefallen ist. Die Straße ist hinter Ascea frei im Nichts und ohne Grund für den Durchgangsverkehr auf 700m gesperrt und wenn, dann nur in Schrittgeschwindigkeit erlaubt befahrbar.
Verbote sind für mich und den Italienern ja eher Empfehlungen, aber ich kontrolliere die Strecken immer über Google StreetView und was ist? Die Straße ist mit dicken Betonklötzen blockiert, so dass lediglich PKW hindurch passen.
Wie würde Obelix hier sagen? Die spinnen, die Römer 😁
Ein Umweg über die Berge ist mit Bimo indiskutabel, das wären 20 km Umweg hoch und runter über kleinste bestimmt superschöne Serpentinenstraßen. Wäre bestimmt toll mit einem Moped.
Also sind wir zunächst die Hauptstraße gefahren um dann später wieder auf die dann SR447 zu gelangen.
Unseren Nachtplatz haben wir dann am Spaggia delle Saline, den angeblich schönsten Strand Italiens gefunden. Das mag ich nicht beurteilen können, aber schön ist es hier schon. So schön, dass wir noch einen Tag verlängerten.

06.11.2025-Scalea-95km

In Scalea hatten wir uns den günstigen Campingplatz Dolce Vita am Meer ausgesucht. Warum sich die Meisten den unschöneren nebenan aussuchen und eng an eng kuscheln, während der nettere und recht grüne Platz recht leer ist, erschließt sich uns nicht. Vielleicht braucht der gemeine Womo-Mensch einfach die Nähe…🤷🏼‍♀️
Grund für einen Campingplatz war eigentlich vornehmlich die Entsorgung, vor allem unseres großen Pi-Tanks.
Die Entsorgungsstationen werden langsam immer seltener und da muss man ja jede Gelegenheit nutzen. Vor allem unseren großen Tank kann man ja nicht so einfach mit Eimerchen in einer Toilette entsorgen. Wir werden dann wohl ab jetzt besser wieder auf Kanister umstellen.
Da im Preis auch der Strom inklusive ist, bekam die Fahrzeugbatterie auch mal wieder eine volle Ladung Strom ab. Wer mag  schon dauernd auf Diät leben, Bleibatterien schon mal gar nicht, die wollen so wie ich immer satt sein.
Da es in der Nähe auch einen Waschsalon gibt, machte es den Platz für uns perfekt.

Ich wäre ja gerne die wahrscheinlich traumhaft schöne Küstenstraße hierhin gefahren, die ist aber leider an zwei Stellen gesperrt und so mussten wir über teils über Schlängelstraßen einen Umweg über die Berge fahren.
Wobei, das hatte teils aber auch was. Wir genossen herrliche Blicke auf die Bergdörfer, die sanft wilden Berge und Schluchten.

In Scalea trafen wir auch unsere Reisebekanntschaft WirZwei-ontour wieder, die wir vor Jahren in Rumänien in Viseu de Sue an der alten Eisenbahn Mocanita kennen gelernt hatten. Wie man sieht, die Welt ist so was von klein.

08.11.2025-Miccisi-66km

Der nächste Küstenabschnitt hat lediglich einen schmalen, kaum 600 m breiten flachen Streifen, dann geht es gleich steil in die Berge und ist deshalb verständlicherweise recht dicht besiedelt.
Die Orte erscheinen, obwohl eigentlich recht touristisch, unschön, verbaut, vergammelt und ungepflegt. Dazu zieht sich fast unmittelbar hinter dem Strand eine laute und stark befahrene Bahnstrecke. Ich frage mich, wie die Menschen und insbesondere die Urlauber das aushalten.

Wir waren da froh, bei Miccisi einen halbwegs netten und freien Platz entdeckt zu haben. Mit der Bahn mussten wir dann leben.

09.11.2025-Marinella-50km

Bei Marinella weitet sich die Landschaft und hatten wieder einen netten Platz am Strand gefunden. Die Küstelinie wird hier durch einen schmalen Pinienwald abgegrenzt. An diesem Platz war es dann nicht die weiter entfernte Bahnlinie die einen auf das Gehör schlug, hier ist es ein naher Flughafen.

10.11.2025-Pizzo-45km

Zuerst stand ein Besuch beim Murucamper an – einer der Wohnmobilwerkstätten,  wo man noch weiß, dass „Sika“ kein italienischer Aperitif ist. Unsere Serviceklappe hatte nämlich beschlossen, aus Solidarität mit der Regenzeit undicht zu werden.
Eigentlich wollte ich ja nur schnell ein wenig Sika oder Dekalin besorgen – so nach dem Motto: „Mach ich fix selbst, wird schon passen.“ Ich rechnete jedenfalls nicht damit, dass mich eine Werkstatt spontan mit offenen Armen empfängt.
Kaum hatte ich mein Anliegen erwähnt, hieß es: „Sollen wir das nicht gleich für Sie machen?“ – Und da ich weder eine Kartuschenpistole besitze noch als Heimwerker des Jahres gelte, habe ich das Angebot dankend angenommen.
Zum Glück! Denn diese Klappe wird völlig anders eingedichtet, mit einer Art dauerelastischer Dichtwurst, keine Ahnung was das ist– jedenfalls hätte ich die Klappe mit meiner Handwerkskunst sicher ruiniert.
Eine Stunde später war dann alles dicht, wir wieder unterwegs – und ich um die Erkenntnis reicher, dass es tatsächlich noch Werkstätten gibt, in denen Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft serienmäßig verbaut sind.

Nachdem wir das Thema Serviceklappe erfolgreich abgehakt hatten, zog es uns wieder zurück an den Küstenstreifen mit den Pinien ans Meer, nur diesmal woanders hin.
Trotz etlicher im Prinzip netter Nachtplätze, wir werden mit dieser Gegend einfach nicht warm. Die Orte und sogar der Strand umweht mit den verfallenen Gebäuden und dem Müll eine Aura der Trostlosigkeit.
Nördlich von Pizzo haben wir zumindest ein halbwegs nettes Plätzchen mit Aussicht aufs Meer gefunden. Damit wir uns sicher fühlen, sogar mit wuffendem Bewacher.

11.11.2025-Briatico-18km

Das war heute eine unglaublich weite Etappe und eigentlich sind wir nur wegen der steilen Felsküste, einiger Felsformationen und der Fischergasse nach Briatico gefahren.
Unseren angestrebten Nachtplatz erreichten wir wegen einer Unterführung zwar nicht, dafür aber durch Zufall einen wunderhübsch angelegten Parkplatz mit toller Aussicht auf das Meer. So viel zum Thema „Planung ist alles“.
Briatico ist auf seltsame Weise morbid schön.
Doch einige dem Untergang geweihten Häuser sind unglaublicherweise und eigentlich kaum erkennbar bewohnt.
Was mir völlig schleierhaft bleibt: Teils lässt man alles vergammeln und entfernt nicht einmal den Müll, andererseits gibt man sich wie bei unserem Nachtplatz mit kleinen Beeten sehr viel Mühe und schafft kleine Schmuckstücke.
Irgendwie chaotisch, irgendwie charmant – typisch Süditalien halt.

12.11.2025-Tropea-15km

Entlang der wunderschönen Küste haben wir nach einer Expedition von 15 km die hoch auf dem Plateau gelegene Stadt und Badeort Tropea erreicht.
Auch Tropea ist von jenem süditalienischen morbiden Charme geprägt. Doch hier ist es doch etwas anders…
Überall blüht und grünt es, Blumen sprießen aus Mauerritzen, Pflanzen klammern sich an Balkone, und dazwischen tummeln sich kleine Kunstwerke und verspielte Verzierungen. Das Ganze wirkt, als hätte das Morbide beschlossen, noch einmal richtig aufzublühen. Klingt Paradox, ich weiß – aber wie soll ich das sonst ausdrücken?
Klar, das der Ort, auch mit dem tollen Badestrand und den Felsen mit den Höhlen ein touristisches Highlight und ein Publikumsmagnet ist. Nur gut, dass gerade keine Saison ist – dann würde ich hier bestimmt nicht hin wollen.

13.11.2025-Nicotera-30km

Nach all den morbiden Mauern, Verkehrslärm, kreischenden Kettensägen und dem unermüdlichen Glockenkonzert italienischer Kirchen – kurz: nach allem, was lärmt, vibriert oder sonstwie Aufmerksamkeit erregt – war klar: Wir brauchten RUHE.
Und siehe da, 30 Kilometer südlich bei Nicotera fanden wir sie – eingebettet zwischen einem Pinienwald und einem scheinbar ewig weiten Sandstrand.
Nach kurzer Sucherei (und ein paar skeptischen Runden um ein paar nicht ganz so paradiesische Ecken) entdeckten wir unseren Traumplatz: Direkt am Meer, mit Aussicht auf Nicotera welches hoch oben auf dem Berg liegt, dem Stromboli und sogar auf den rund 116 km entfernten Ätna.

Klingt nach Paradies, oder? Nun ja… fast.
Denn bevor es paradiesisch wurde, mussten wir erst mal den irdischen Müll entsorgen. Offenbar hatte das Paradies seine letzte Putzkraft in den Ruhestand geschickt. Also griffen wir beherzt ein und verwandelten die Müllkippe zumindest um uns herum zurück in ein kleines Paradies.

16.11.2025-Lido di Palmi-18km

Ich Dussel habe mal wieder meine Kappe verloren. Ohne so ein Dach überm Kopf kann man als stolzer Besitzer eines natürlichen Sonnenkraftwerks – sprich Glatze – ohne dass die Neuronen durchbrennen kaum in freier Wildbahn überstehen.
Zum Glück stand ein Decathlon gleich ums Eck bereit, um mich mit frischem Kopfschatten zu versorgen.

Von dort holperten wir, anders kann man das auf diesen süditalienischen Straßen nicht nennen, durch das morbide Gioia Tauro -der Name klingt schon beängstigend- zurück an den Strand.
Irgendwo entlang einer zerbröselnden, huckeligen, sandigen Piste fanden wir unseren fast schon hübschen Nachtplatz, wo wir die traumhafte Aussicht und den Strand genießen konnten.
Die  Italiener zelebrieren hier auch ihren gemütlichen Sonntags-Cruise mit PKW, e-Bikes, Mopeds oder einfach zu Fuß.

Der Strandabschnitt erinnerte uns seltsam an frühere Zeiten in Thailand – wahrscheinlich wegen dieser speziellen Mischung aus Sandpiste, Unrat, gewissem Charme und leichtem Chaos.
Und weil wir die letzten Tage so gnadenlos eingemüllt worden waren, kam uns dieser Abschnitt fast schon müllfrei vor. Wir brauchten nicht einmal Müll aufzusammeln.
Tja, ist halt alles eine Frage der Perspektive und Gewohnheit.

Palmi

Gestern hatte ich ja schon fast hymnisch unseren Platz bezüglich Müll gelobt, da fühlten wir uns natürlich moralisch verpflichtet, dem Urlaubsort Palmi selbst die Ehre zu erweisen.
Tja. Was soll ich sagen? Unsere Erwartungen wurden förmlich pulverisiert und geschreddert.
Die vergammelten Betonbauten sind ja das eine – ein bisschen morbider Charme, kann man ja haben. Aber dieser Müll! Und zwar in einer Dimension, die selbst unsere hartgesottenen Reisemägen kollabieren ließ. Nicht irgendwo außerhalb, nein. Direkt in der Stadt, auf der Promenade und am Meer. Man kann den Müll quasi als roten Faden des Stadtbilds bezeichnen.
Offenbar gibt es aber Liebhaber dieser liebevoll arrangierten Endzeit-Ästhetik, sonst gäbe es hier ja keine Urlauber, selbst jetzt, wie man am gut besuchten Wohnmobil-Stellplatz sehen kann.
Die Einheimischen scheinen ihren Müll jedenfalls aufrichtig zu lieben – wahrscheinlich hat jeder so einen bestimmten Lieblingsplatz, an dem er seinen Müll genießt.

Wer marode Betonbauten, eine ordentliche Prise Müllkippenromantik und den delikaten Duft von Abfall und Aas mag, findet hier garantiert sein persönliches Paradies. Dazu mit Postkartenmotiven der besonderen Art!
Wir wollen uns aber mal nicht beschweren – wir wollten ja trotz der Berichte unsere eigene Meinung bilden und schöne Plätze haben wir ja auch entdeckt. Nun gut, das haben wir jetzt. Ist halt eine Art Bildungsreise und solche Bilder gehören halt dazu.

Auf Sizilien wird es wohl nicht besser werden, wir sind gespannt. Nächster Reisebericht: Sizilien 2025 (in Vorbereitung)

Teilen auf...(Datenerhebung bei Klick, s. info-Button!)

Zuletzt geändert: 20. November 2025 23:25