Mit dem Wohnmobil Übernachten auf Parkplätze, sogenanntes Freistehen

Mit dem Wohnmobil Übernachten auf Parkplätze, sogenanntes Freistehen

12. März 2021 17 Von Mikesch
Übernachten auf Parkplatz

Übernachten auf Parkplatz

Immer wieder neu geistert es durch Facebook und Foren und erhitzt die Gemüter. Und immer wieder ist es ein Grund für einige Wohnmobil-Fahrer, Andere übelst zu beschimpfen, Vorurteile auszugraben und hohe Strafen zu fordern. Junge, Junge, liegt das vielleicht am Alter? 😉
Ich beleuchte mal das Thema Übernachten im Wohnmobil auf einem öffentlichen Parkplatz oder das zunehmend beliebte Freistehen nach der geltenden herrschenden Rechtsauffassung.
Hier herrscht bei der Masse der Wohnmobil-Fahrer und sogar teils Ordnungshüter mit der oft angeführten Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit ein gewaltiger Irrglaube vor!
Veranlasst zu diesem Bericht hatte mich ein Gerichtsurteil, das in Foren die Gemüter erhitzt hatte.

Was war passiert?
Ein Wohnmobil-Fahrer hatte ein paar Hundert Meter vor einem Stellplatz auf einem öffentlichen Parkplatz geparkt und auch dort übernachtet. Am nächsten Morgen hatte er dann ein Ticket an seiner Windschutzscheibe. Begründet wurde das damit, dass das Übernachten im Wohnmobil kein Gemeingebrauch sei, sondern eine Sondernutzung und somit fände das Landesnaturschutzgesetz Anwendung.

Das Freistehen oder Parken und Übernachten in einem Wohnmobil auf einem öffentlichen Parkplatz

Grundsätzlich ist das Übernachten in einem Fahrzeug in Deutschland nicht verboten! Es gibt z.Zt. kein Gesetz, welches  dieses verbietet, egal wo und wie lange, so lange die StVO ein Parken nicht einschränkt oder verbietet.
Nur, ganz so einfach ist das nicht, es muss abgegrenzt werden…
Im PKW könnte ich mein Leben verbringen, beim Wohnmobil besteht die Abgrenzung Allgemeingebrauch zu Wohnen = Sondernutzung.

Parken und das Wohnmobil

Beginnen wir beidem Parken: Das regelt der § 12 StVO  in der Weise, wo man überall nicht parken darf. Im Abs. 4 Satz 1 dann die Art und Weise. Das Parken gehört also zum sog. Gemeingebrauch des Fahrzeuges und ist überall dort erlaubt, wo es nicht durch die §§ 1 Abs. 2; 12 oder 13 StVO eingeschränkt wird. In der Konsequenz ist es so, dass wir auch mit unserem Wohnmobil überall dort parken dürfen, wo es nicht ausdrücklich verboten ist!

Dies ist ja nun geklärt, aber das Übernachten ist eine andere Sache…

Das Übernachten im Wohnmobil

Gesetzliche Regelungen findet man zum Übernachten auf Parkplätzen nicht vor, wie oben erwähnt, gibt es kein Verbot. Beim Wohnmobil besteht auf Grund der Art des KFZ alleine die Abgrenzung und Problematik zum Auf- oder Abstellen zum Wohnen, was eine Sondernutzung darstellt. Abgehandelt wird dies auch in den Kommentaren Hentschel „Straßenverkehrsrecht“, sowie Wolfgang Berr, „Wohnmobile und Wohnanhänger“. Leider kann ich keine Links hierzu setzen, wer mein Geschreibsel überprüfen möchte, muss schon die Gesetzeskommentare selbst erwerben.

Kommentare sind die juristischen Erläuterungen von Paragraphen oder Artikel eines oder mehrerer Gesetze. Da es sich bei ihnen nicht um amtliche Veröffentlichungen handelt, ist ihre Befolgung im Rechtsverkehr, also auch durch die unabhängigen Richter, nicht zwingend. Allerdings setzen sich die Gerichte mit den Erläuterungen auseinander und die Ausführungen eines Kommentares können zu einer herrschenden (Rechts-)Meinung führen.
Genau so besteht zu dem Übernachten auf einem Parkplatz z.B. auch in einem Wohnmobil gem. den o.a. Kommentaren eine herrschende Meinung vor, denen die Gerichte folgen.

Demnach liegt bei einer einmaligen Übernachtung in aller Regel keine Sondernutzung, sondern ein Gemeingebrauch vor. Aus den Kommentaren oben wird auch die Begrifflichkeit der “Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit” definiert.

Sofern keine Beschränkungen der StVO vorliegen, ist das einmalige Übernachten, insbesondere der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit im allgemeinen Straßenraum zulässig!

Die grundsätzliche Problematik betrifft aber die Abgrenzung Auf- oder Abstellen zum Wohnen = Sondernutzung und parken, damit gleichzeitig die Grundlage, woraus sich die Definition Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit ableitet.

Hieraus ist erkennbar, dass ein ein– oder mehrtägiges Übernachten und Leben im Wohnmobil, ankommen mit z.B. einkaufen oder einen trinken gehen, vor der Übernachtung erst mal TV gucken, das Ausfahren von Markisen, aufstellen von Campingstühlen und Tischen etc. kein Gemeingebrauch mehr ist, sondern eine genehmigungspflichtige Sondernutzung. Die Straße wird dann nicht mehr vorwiegend zu Verkehrszwecken, sondern zu Wohnzwecken genutzt..

Zu dem angeführten Fall

Unerheblich, wie man das Verhalten des Wohnmobil-Fahrers bewertet, zu dem Thema einmalige Übernachtung auf einem öffentlichen Parkplatz liegt eine herrschende Meinung in der Rechtsprechung vor und das OLG Schleswig legt im Urteil vom 17.07.2002 – 1 Ss OWi 33/02 die Kommentierungen von Hentschel und Berr ganz streng aus. Das OLG Schleswig geht einfach davon aus, dass in einem Wohnmobil auf Reisen nahezu immer gewohnt wird, bzw. das es sich immer um eine Sondernutzung handelt.

Ist der Urlaub mit einem Wohnmobil auf den spontanen und häufigen Wechsel der Aufenthaltsorte angelegt, stellt schon das einmalige Übernachten auf einem Parkplatz eine Nutzung öffentlicher Verkehrsfläche als unentgeltliche Schlafstätte und damit eine Sondernutzung dar.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Betroffene auf dem Campingplatz keinen Platz mehr fand.

Urteil OLG Schleswig, 17.07.2002 – 1 Ss OWi 33/02

OLG Schleswig bestätigt: Übernachtung auf Parkplatz stellt unzulässige Sondernutzung dar

Das Abstellen und Übernachten stellt eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 37 Abs. 1 Satz 1, 57 Abs. 2 Nr. 23, Abs. 5 LNatSchG dar. Die Übernachtung hatte nicht der Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit der Betroffenen gedient, da sie nicht im Rahmen einer Unterbrechung der Fahrt zu einem Zielort stattgefunden hatte. Vielmehr hatte die Betroffene ihr Ziel bereits erreicht. Die Übernachtung ist als erste im Rahmen von mehreren geplanten Urlaubstagen erfolgt. Dieses Verhalten ist nicht mehr vom straßenrechtlichen Gemeingebrauch gedeckt, sondern stellt eine unzulässige Sondernutzung dar.

Die erhobenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bußgeldvorschrift greifen nicht. Die bundesgesetzlichen Regelungen des § 6 StVG und § 12 StVO betreffen das Parken von Fahrzeugen. Hierauf beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 37 Abs. 1 LNatSchG aber gerade nicht. Die Vorschrift verbiete nicht das Abstellen als solches im Rahmen des ruhenden Verkehrs, sondern vielmehr das Aufstellen und gleichzeitige Benutzen zu Wohnzwecken.

OLG Schleswig, Beschluss vom 15.06.2020 – 1 Ss-OWi 183/19
Die Konsequenz aus dieser restriktiven Auslegung bedeutet letztendlich, dass ein freies Stehen oder Übernachten in einem Wohnmobil in Deutschland in der Regel nicht erlaubt ist!

Fazit

Das Privileg der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit ist an ganz engen Bedingungen geknüpft.
Nur wer sich auf einer langen Reise von A nach B befindet, kann sich auf seiner Route aufs Ohr hauen. Jedoch ohne zuvor etwas zu kochen, TV schauen u.s.w., denn dies stellt schon eine Sondernutzung des Parkraums mit einem  Wohnen dar.
Sich einen Antrinken und dann auf Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit pochen, wie einige meinen, das geht mal gar nicht. Sicherlich wird einen kein Polizist weiter fahren lassen, aber man darf sich dann auch nicht wundern, wenn es ein Ticket gibt.

Durch landesrechtliche Bestimmungen, z. B. zu Zwecken des Natur- und Landschaftsschutzes können ebenfalls einschränkende Regelungen bestehen. Sogar auch auf nicht dem allgemein öffentlichen Verkehr zur Verfügung stehenden Flächen greifen, aber hier müssen die Flächen durch eine entsprechende Beschilderung gekennzeichnet sein!

Verkehrszeichen 1048-17; 365-67 der StVO Parken für Wohnmobile

Parkplatzschild Wohnmobile

Kuriosität am Rande:
Eigentlich ist es sogar so, dass auf einen mit dem Wohnmobil gekennzeichneten Parkplatz (Zeichen 1048-17; 365-67 der StVO) zwar das Parken erlaubt ist, nicht aber das Übernachten bzw. Wohnen!
Jeder Wohnmobilfahrer und auch die Ordnungshüter halten die Verkehrsschilder für die Kennzeichnung eines Wohnmobil-Stellplatzes wo auch das Übernachten und Wohnen erlaubt ist.
Das ist aber Falsch! Sie besagen lediglich, dass hier mit einem Wohnmobil geparkt werden darf, nicht mehr, nicht nicht weniger!
Wenn auch das Übernachten und Wohnen erlaubt sein soll, muss dass entsprechend gekennzeichnet sein! Der Rat einer Gemeinde oder Stadt muss explizit beschließen, dass diese Fläche für die Sondernutzung Wohnen freigegeben ist!
Manch einer mag jetzt vielleicht lächeln, es sei nun ein wenig pingelig. Pingelig sind aber oft die Verwaltungen und Ordnungshüter. Also wenn schon pingelig, dann alle und vor allem die, die gerne Knöllchen verteilen und immer die Vorschriften vorschieben.
Es zeigt genau das Unwissen bei Wohnmobil-Fahrern, Ordnungshütern und den Beamten in den Gemeinden auf 🙂
Übrigens, in Süddeutschland sind mir einige Wohnmobil-Stellplätze aufgefallen, wo die Gemeinden die Plätze gesetzeskonform ausweisen! In den Niederlanden, wo das Freistehen und Übernachten noch strenger geregelt ist, ist das auf allen Gemeinde Wohnmobil-Stellplätze usus.

Anmerkung: Aktualisiert 03/2021 nach neuerlichem Gerichtsurteil