Motorradträger auf Wohnmobil

Motorradträger auf Wohnmobil

5. Juni 2016 2 Von Mikesch

Oft sieht man sie hinten auf einem Motorradträger, den Roller oder das kleine Motorrad. Ja, das ist praktisch, denn mit einem Anhänger mag nicht jeder fahren.

Bevor ihr nun auf die Idee kommt, euch einen Motorradträger zuzulegen und zu einem Händler zu fahren, möchte ich euch einige Hinweise mit auf dem Weg geben. Meist hat sich das Thema dann erledigt. Das überschreiten der Achslast an der Hinterachse ist nicht das alleinige Problem welches entstehen kann, drum einige Hinweise…
Zum Berechnen habe ich auch einen Achslast Online-Rechner gebastelt.

Die Physik

Achslast

Grafik: zuhause-im-wohnmobil.de
Heckträger

In der Skizze links sieht man sehr schön die Problemstellung. Eine Last hinter der Hinterachse oder gar auf einem Heckträger wirkt wie ein Hebel. Zwar wirkt das Gewicht vor der Hinterachse auf Grund des Radstandes dem etwas entgegen, aber das Gewicht, welches auf die Hinterachse drückt  kann sich schnell verdoppeln.

Ein Beispiel: Ein Motorrad oder Roller von 80 kg + das Gewicht des Motorradträgers bringen zusammen100 kg auf die Waage. Bei einem recht normalen Radstand von 3,60 m und einem Überhang + Plattform von 3m lasten zusätzliche ca. 184 kg auf der Hinterachse. Im gleichen Maße, wie die Achslast auf der Hinterachse steigt, vermindert sich die Achslast der Vorderachse!

Die Formel ist so zu lesen: Die Differenz zwischen zulässiger Hinterachslast und tatsächlicher Hinterachslast multipliziert mit dem Radstand geteilt durch die Summe aus Radstand und Überhang (einschl. Heckträger) ergibt die möglich zulässige Last auf dem Heck- Motorradträger. Durch Umstellung der Formel kann man so bei einem bekannten Gewicht auf dem Heckträger auch die zusätzliche Achslast errechnen.

Massenträgheit

Da wir mit unserem Wohnmobil kaum Rennen fahren, werden kaum seitliche Beschleunigungskräfte auftreten, sind aber bei einem Ausweichmanöver durchaus möglich.
Aus unseren 100 kg im Beispiel können dann ebensolche seitlich wirken, dazu dann noch mit einer Hebelwirkung auf Grund des Überhangs.
Schlimmer können sich hier Bodenwellen oder Schlaglöcher auswirken. Durch die Beschleunigungskräfte nach oben oder unten werden aus unseren 100kg auf Grund der Massenträgheit schnell 200 kg, die der Rahmen des Wohnmobils aufnehmen und aushalten muss. Die Belastung der Hinterachse steigt dann im Beispiel auf 367 kgund die Vorderachse wird um 267 kg entlastet!

Fazit – Tipps

Wie ihr an dem obigen Beispiel seht, hat selbst ein kleiner Roller oder Motorrad eine große Auswirkung auf die Achslasten!
Bei einem Fronttriebler kann die Achslast der Vorderachse dermaßen gering werden, dass der Verlust des Grips z.B. auf nasser Straße bedenklich werden kann. Ebenso kann das Wohnmobil bei starkem Seitenwind durch die unvorteilhafte Gewichtsverteilung bedenklich instabil werden.
Durch die hohen Kräfte wird der Rahmen sehr stark belastet.

Welches Wohnmobil ist für einen Motorradträger geeignet?

Ein Motorradträger an einem der aus Kostengründen 3,5 Tonnern würde ich tunlichst abraten!
Diese Wohnmobile fahren schon von Haus aus Gewichtsmäßig am Limit und die meisten Wohnmobilisten fahren eher überladen durch die Gegend. Leider wird hier meistens seitens der Verkäufer nicht auf die geringe Zuladung hingewiesen und all die Zubehörteile wie Markise, Zusatzbatterien etc. für die Berechnung verschwiegen.
Basis ist hier meist Ducato oder die baugleichen Derivate oder andere Kleintransporter mit Frontantrieb.
Mal davon abgesehen, dass ich ein Wohnmobil mit Frontantrieb für einen Motorradträger für völlig untauglich halte, glaube ich nicht, dass alleine der Rahmen einer solchen Belastung auf Dauer stand hält.
Wenn ich all die 3,5T TI mit großen Überhängen um 3m auf Kleintransportern mit ihren Rollern hinten drauf sehe, wird mir regelmäßig übel. Hier verstehe ich auch den TÜV nicht, der sowas zulässt 😮
Selbst wenn es rechnerisch passen sollte, treten im Fahrbetrieb deutlich höhere Kräfte auf, die die erlaubten Vorgaben deutlich übersteigen können.

Anforderungen an ein Wohnmobil mit Motorradträger:
Es sollte zumindest ein 5Ter mit ausreichend Nutzlast und hoher zulässiger Achslast auf der Hinterachse sein, ausgestattet mit Zwillingsbereifung oder Doppelachse.
Der natürliche Überhang sollte nicht mehr als 2m betragen, da der Motorradträger ja noch dazu gerechnet werden muss.
Reisefertig sollten für einen Roller noch mindestens 500kg zulässige Achslast zur Verfügung stehen, bei einem leichten Motorrad noch mindestens 800 kg.
Vorteilhaft wirkt sich ein Alkoven Wohnmobil aus, da der Alkoven für eine bessere Gewichtsverteilung und somit Fahrverhalten sorgt.