Gasüberfall mit Narkosegas im Wohnmobil

Gasüberfall mit Narkosegas im Wohnmobil

5. Dezember 2016 22 Von Mikesch

Märchen oder Tatsache?

Bild Gasüberfall

Foto: DigiMik M.Scharrer Gasüberfall

Diese Überschrift mit Narkosegas-Überfällen liest man oft als Neuigkeit in der Presse, in Wohnmobil-Foren und geistert seit gefühlt ewigen Zeiten als Thema fast wie ein Glaubenskrieg unter Wohnmobilfahrern.
Gasüberfall auf Wohnmobil-Fahrer:
Wie kann man sich schützen, muss man sich schützen oder ist das doch alles nur ein Märchen?

Aktualisierung April 2017
Erweiterung um einen Erfahrungsbericht über einen vermeintlichen Narkoseüberfall mit Polizei-Unterlagen.

Zum Thema…

Wieso hält sich dieses Thema so hartnäckig und wird selbst auf seriösen Internetseiten reißerisch verbreitet? 
Weil das Gefühl der Ohnmacht so beängstigend ist? Wieso hinterfragt das kaum jemand, nur einige wenige? Warum werden diese Meldungen einfach ungeprüft übernommen?
Wieso gehen Schlussfolgerungen von kritischen Wohnmobilfahrern unter,  müssen sich Angriffen aussetzen und immer wieder liest man von angeblichen Gasüberfällen auf Wohnmobile in selbst seriöser Presse?

Die ersten Berichte hatte ich schon Mitte der Achtziger gelesen, immer wieder tauchten sie auf, damals in der Hauptsache von Parklätzen an französischen Autobahnen, sogar die seriöse Presse berichtete davon.
Aber was ist da wirklich dran? Zumindest sollte man es differenzierter sehen…

Der Gasüberfall auf Wohnmobile, Berichterstattung und Polizeimeldungen

Gibt ein Wohnmobilfahrer eine Anzeige bei der Polizei auf und macht eine Aussage, wird diese erst mal als Zeugenaussage ungeprüft übernommen, erst recht, wenn mehrere Zeugen, was ja in der Regel der Fall ist, die gleiche Behauptung aufstellen. Kaum jemand führt mit hohem technischen Aufwand Messungen in einem Wohnmobil durch, sucht nach Einleitungsspuren oder es werden Blutuntersuchungen bei den Opfern durchgeführt. Selbst wenn es gemacht wurde, mir ist kein Fall bekannt, wo eine solche Untersuchung positiv nachgewiesen wurde!
Anzeigen oder Meldungen gehen dann an die Presse und die forscht nicht weiter nach, da die Meldung ja von der Polizei kommt. Wenden sich Wohnmobilfahrer unmittelbar an die Presse, wird auf deren Aussagen vertraut, schon allein in Hinblick darauf, dass sich eine solche Narkosegas Überfall-Meldung gut in der Presse macht.
Selbst vermeintliche Opfer, die sich gerne in Foren äußern, können bisher nicht nachweisen, dass sie Opfer eines Gasüberfalls geworden sind.

Narkosegas und Überfälle auf Wohnmobile was ist wirklich dran?

Im Blödbilderbuch wurde mal reißerisch behauptet, dass Wohnmobil-Räuber nachts Urlauber mit K.o.-Gas betäubt hätten. Nur kleingedruckt findet sich der Hinweis dass in drei Fällen geprüft wird, ob bei Ausführung der Taten Betäubungsgas verwendet wurde. Spuren von den flüchtigen Gasen wurden jedoch nicht gefunden. Aha…

Organisation eines Gasüberfalls mit Narkosegas auf ein Wohnmobil

  • Die Täter müssen sich in Medizin (fragt bitte mal einen Anästhesisten) und Wohnmobiltechnik gut auskennen, sowie über ausreichendes technisches Material verfügen und auch über Bezugsquellen für größere Mengen an Narkosegas verfügen.
  • Das Wohnmobil sollte nach Möglichkeit hermetisch dicht sein, keine geöffneten Luken, keine offenen Fenster
  • Man benötigt eine Druckluftflasche von bis zu je nach Gas ca. 10L – 200Bar mit Narkosegas, dazu eine Bohrmaschine zum Bohren eines Loches um über einen Schlauch das Gas einzuführen.
    Dazu kommt die Infrastruktur zum Bezug des Gases und zum Befüllen der Flaschen.
  • Eigene Schutzausrüstung wie Gasmasken.

Zielsetzung der Täter für Raubüberfälle auf Wohnmobile

Hier geht es um das schnelle Geld oder Wertgegenstände, leise schnell und ohne großen Aufwand und Aufsehen jene zu erbeuten. Einbrecher scheuen erfahrungsgemäß Gewalt. Sie gehören nicht zu der Spezies Mensch, die Tote billigend in Kauf nehmen. Eine Ausnahme mag hier bestenfalls eine Ostblockbande sein, deren Gewaltpotential auf einem anderen Level ist, trotzdem…

Fazit:

  • Die Täter benötigen größere Mengen an Narkosegas, woher nehmen? Selbst bei einem kleinen Wohnmobil mit rund 24 Kubikmeter Innenraum ist eine Flasche von ca. 10L/200 Bar für ne 100kg-Kante Mensch notwendig. Sicherlich gibt es auch Mittel, die in geringerer Dosis wirken, allerdings müssen sie zunächst in den Gasförmigen Zustand gebracht werden, um sie anschließend per Kompressor in eine Flasche zu füllen.
  • Gase wie Halothan sind höchst gefährlich, die Russen mit ihren 128 Toten können da ein Lied von singen. Ohne Kenntnis des Körpergewichts und Dosierung sind Todesfälle vorprogrammiert oder das Gas wirkt nicht. Was einen 100kg Menschen in den Schlaf versetzt, ist für die Ehefrau u.U., für ein Kind und Hund aber sicher tödlich. Aber bisher ist mir kein einziger Todesfall in den 30 Jahren bekannt geworden…
  • Um das Gas einzuleiten, müssten lautstark Löcher gebohrt werden und die Einleitung selbst verursacht einen Höllenlärm! Hier kann ich auf Erfahrung als Taucher zurück greifen.
  • Die Täter müssen sich selber mit Gasmasken schützen

Ein riesiger technischer und logistischer Aufwand mit Werkzeugen, Kompressor, Gasbeschaffung u.s.w. mit fraglichem Ausgang des entdeckt werdens mit Billigen von Toten für ein paar Euro, ein Handy, Laptop oder Tablet? Der Kostenaufwand oder der Aufwand überhaupt steht in keinem Verhältnis zu der mickerigen Beute.

Deshalb halte ich einen Gasüberfall für mehr als unwahrscheinlich! Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Beute!

In ein Weißware Wohnmobil einzusteigen geht rapp zapp schnell und lautlos, das ist das Ziel der Täter. Weil das Einsteigen eben so einfach ist, unterstellen Opfer oft einen Gasüberfall, für mich haben sie einfach nur geschlafen und den Raub nicht mitbekommen 😉
In einem neueren Fall oder überhaupt wahrscheinlicher, besteht zumindest der Anfangsverdacht, dass ein Narkotika nach dem Bruch eingesetzt worden ist, allerdings steht das Ergebnis noch aus.

Ich mag das prinzipiell auch nicht ausschließen, aber hier sei die Frage erlaubt, ob die Betäubung nicht nach dem Einbruch erfolgt ist?

Statistik 😉

Überhaupt: Bei ca. 20 Überfällen im Jahr in D auf Wohnmobilfahrer, stehen Hunderttausende Fahrten von Wohnmobilen gegenüber. Die Wahrscheinlichkeit eines Überfalles bewegt sich 0 Komma Promillebereich. Krebs durch Rauchen zu bekommen ist da weitaus wahrscheinlicher…
Ernsthaft: Die Kriminalstatistik kann man sich beim BKA als Excel-Tabelle herunter laden. Allerdings ist sie so kaum auswertbar, da man verschiedene Fallzahlen untereinander in Relation bringen muss und jegliche Überfälle auf KFZ beinhaltet. Überfälle auf Wohnmobile sind aus der kleinen Zahl gar nicht zu ermitteln, bzw. extrahieren. Ich habe mir die Mühe gemacht, mal die Meldungen der Länderpolizeien für ein Jahr raus zu picken. Heraus gekommen sind so die geschätzt 20 Überfälle. Auffällig sind dabei immer Serien auf bestimmte Plätze in einem Zeitraum, also Punktuell.  Rechnet man nun diese Serien von der Gesamtzahl ab, bleibt für den Rest der Republik nichts mehr übrig 🙂
Ein Vergleich: Bis September diesen Jahres hatten wir 27.600 Unfälle mit 3.500 Toten und 35.000 Verletzten. Wie viele davon seht ihr so davon im Jahr 😉

Anmerkung: Es gab einige Ausreißer im Kohlenpott und Bayern, die die Jahresstatistik verdoppelten. Auf Grund der zeit- und räumlichen Beschränktheit haben diese Fälle aber keinen wirklichen Einfluss auf die Gesamtwahrscheinlichkeit eines Überfalles, eher in einem lokalen Gebiet besteht eine erhöhte Gefahr.

Tipps für das Übernachten:

Überfälle auf Wohnmobile sind selten aber kommen vor, aber IMHO eher nicht mit Gas.
Das Risiko für Überfälle kann eingeschränkt werden, wenn auf Übernachtungen z.B. an Autobahnrastplätzen an beliebten Touristenstrecken insbesondere Frankreich oder auf das freie Stehen in Problemzonen in Städten verzichtet wird.
Man kann einen Einbruch durch Ketten im Führerhaus, Verriegelungen an der Aufbautür, Alarmanlagen oder sonstwas vorbeugen und “schnelle” Täter abschrecken. Jeder wie er mag…

Mein Schlusswort:

Gasüberfälle sind möglich, aber auf Grund des o.g. mehr als unwahrscheinlich. Wenn Narkotika zum Einsatz kommen, dann IMHO eher nach dem Bruch, wo die Bewohner betäubt werden können.
Überfälle an sich sind Statistisch so gering, dass sie noch nicht einmal erfasst werden (zumindest in DE), die Wahrscheinlichkeit ist in % gar nicht auszudrücken. Selbst wenn von diesen wenigen Überfällen Gas oder ein sonstiges Narkotika eingesetzt worden ist, dann ist dieser Einsatz dadurch noch unwahrscheinlicher.
Sicherlich kommen Narkotika wahrscheinlich, wie in diesem Bericht zu lesen ( Erfahrungsbericht ) hier und da zum Einsatz. Ob es sich um einen Gasüberfall gehandelt hat oder das Narkotika nach dem Bruch eingesetzt wurde, ist für mich dabei aber nicht von Belang.
Sinn dieses Artikels ist lediglich eine Anregung zum Nachdenken zum Abschätzen des wirklichen Risikos eines Überfalles. Bei der ganzen Diskussion stört mich die ganze Hysterie, als wenn jeder, der durch z.B. Frankreich fährt, mit einem Gasüberfall rechnen müsste. 
Diejenigen, die ein Opfer eines Überfalles geworden sind, haben mein tiefstes Mitgefühl! Ich möchte so etwas nicht erleben, das muss ein Trauma fürs Leben hervorrufen!

Ich bin in der Vergangenheit auch hier auf meinem Blog wegen meiner Meinung oft angegangen worden. Dies ist meine Meinung, das möge man bitte tolerieren, genau so wie ich jeden toleriere, der eine andere Meinung vertritt. Dazu habe ich keine Lust mehr, abgesehen davon, dass ich als Dauerreisender unterwegs bin. Von daher ist die Kommentarfunktion für diesen Bericht ab sofort deaktiviert.

Wer mir mir einen eindeutig klaren Beweis für einen Gasüberfall übersenden kann, darf mich weiterhin gerne kontaktieren.

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